2020 sollten die Salzburger Festspiele selbst befragt werden und jener Mythos, den sie durch stete Neuerzählung etwa der Werke Strauss’ und Mozarts oder des Jedermann kreieren. Als Auftakt war Jedermann mit Tobias Moretti in Michael Sturmingers Regie (seit 2017) geplant.
Ödipus, Medea und die Helden des Krieges um Troja; Krieg, Flucht, Fatum, Selbstfindung und Verlust des Selbst; Opfer, Schuld und Sühne stehen im Zentrum jener Werke, deren Interpretationen die antiken Mythen im Festspielsommer 2019 neu befragen: Mozarts Idomeneo, Cherubinis Médée, Offenbachs Orphée aux enfers …
Schon 2017 hatte die litauische Sopranistin Asmik Grigorian als Marie (Wozzeck) bei den Salzburger Festspielen debütiert und das Publikum mit ihrer authentischen Interpretation eingenommen.
„Das Spiel der Mächtigen“ steht als Motto über dem Programm der Salzburger Festspiele 2009, die auch von personellen Debatten überschattet sind. Händel, Rossini, Beethoven, Mozart und Haydn bestimmen die Opernsaison – und Luigi Nono, dessen überragendes Werk Al gran sole carico d’amore in der Felsenreitschule gezeigt wird.
Auch in seiner zweiten Saison als Konzertchef realisiert Markus Hinterhäuser eine szenische Produktion im Rahmen der „Kontinente“: Salvatore Sciarrinos Oper Luci mie traditrici, die die deutsche Künstlerin Rebecca Horn in der von den Festspielen wiederbespielten Kollegienkirche inszeniert und ausstattet und die Beat Furrer musikalisch sensibel ausleuchtet.
Jürgen Flimm beginnt seine Intendanz 2007 mit Raritäten wie Joseph Haydns Armida in der Regie von Christof Loy oder Hector Berlioz’ Künstleroper Benvenuto Cellini. Filmregisseur Philipp Stölzl nutzt dafür die Cinemascope-Bühne des Großen Hauses und nähert die Grand Opéra als opulente Bühnenshow „dem großen Kino an“1, Valery Gergiev entfacht ein „Klanggewitter“2.
Nach den Turbulenzen um die Schauspielagenden – Ivan Nagel war als Nachfolger von Peter Stein nur eine Saison lang tätig – übernimmt Frank Baumbauer als künstlerischer Berater das Schauspiel und bringt auf der Perner-Insel die deutschsprachige Erstaufführung der Shakespeare-Adaption Schlachten von Tom Lanoye und Luk Perceval heraus.
1992 feierte Saint François d’Assise von Olivier Messiaen unter Esa-Pekka Salonen und in der Regie von Peter Sellars Premiere. Die Produktion war zwar kontrovers aufgenommen worden, ging aber als eine der bedeutendsten Interpretationen in die Rezeptionsgeschichte ein und steht bis heute für den programmatischen Neubeginn der Festspiele.
Trotz Peter Steins Erfolgen und seiner maßstabsetzenden Arbeiten nicht zuletzt von Alban Bergs Wozzeck in der Osterfestspielproduktion mit Claudio Abbado, befindet Gerard Mortier, es sei Zeit für ein innovativeres Theater. Der Schauspielchef nimmt mit Grillparzers Libussa 1997 seinen Abschied.
Nach dem Rückzug Herbert von Karajans aus dem Direktorium wird eine Findungskommission eingesetzt, die sich um seine Nachfolge kümmern soll. Noch bevor es zu einer Regelung kommt, stirbt Herbert von Karajan am 16. Juli 1989 81-jährig in seinem Haus in Anif.
Die Etablierung der „Szene“ sorgt weiter für Aufregung im Festspielbezirk. Neben lokalen Größen sowie internationalen Ensembles nutzen immer öfter auch Festspielkünstler wie Friedrich Gulda, Gidon Kremer und Rolf Hochhuth das alternative Forum, um neue Kontexte ihres Schaffens zu präsentieren.
Ein Streit um die Freiheit der Kunst erschüttert die Festspiele 1987: George Taboris Inszenierung von Franz Schmidts Das Buch mit sieben Siegeln wird nach der Premiere mit einem Aufführungsverbot belegt. Die drastischen Bildwelten, die der Regisseur entworfen hat, scheinen dem Klerus nicht mit der Weihe des Kirchenraums vereinbar.
Herbert von Karajan setzt einen weiteren Akzent im Verdi-Repertoire: Zum ersten Mal steht 1979 Verdis Aida auf dem Programm der Salzburger Festspiele.
Fünf Tage nach der Premiere seiner letzten Operninszenierung, einer Neuproduktion des Rosenkavaliers von Richard Strauss im Großen Festspielhaus, stirbt Günther Rennert, der insbesondere im Zusammenspiel mit Karl Böhm viele maßstäbliche Aufführungen bei den Festspielen erarbeitet und das Mozart- und Strauss-Repertoire seit den 50er-Jahren stilbildend geprägt hat.
Ein besonderes Anliegen war Herbert von Karajan die Förderung junger Talente. Künstlerinnen und Künstler wie Anne-Sophie Mutter, Agnes Baltsa, Mariss Jansons, Seiji Ozawa oder Riccardo Muti verdankten ihm wesentliche Impulse für ihre Karriere.
Die Erfolgsproduktion aus dem Vorjahr, Cavalieris Rappresentatione di anima e di corpo – mit dem Mozarteum-Orchester –, zieht 1969 in die Kollegienkirche um, wo sie bis 1973 auf dem Spielplan steht: Es ist das erste Mal seit 1922, dass die Kollegienkirche wieder als Spielstätte für die Salzburger Festspiele genutzt wird.
Am Höhepunkt der Studenten- und Bürgerrechtsbewegung feiert in Salzburg die Wiederbelebung des barocken Welttheaters mit Emilio de’ Cavalieris Rappresentatione di anima e di corpo ebenso Erfolge wie die italienische Opera buffa.
Das Schauspiel hat es weiterhin schwer, sich gegen die Dominanz der Oper durchzusetzen, der im Großen Festspielhaus eine riesige Cinemascope-Bühne zur Verfügung steht. Für Schauspielproduktionen ist diese jedoch nicht geeignet.
Nach 1945 prägten Ernst Lothar und Oscar Fritz Schuh das Sprechtheater.
Nachdem im Januar 1957 der regelmäßige Fernsehbetrieb in Österreich an sechs Tagen der Woche ab 20 Uhr in Betrieb gegangen ist, beschließt der Österreichische Rundfunk im Juni 1958, erstmals Festspielveranstaltungen auch via Fernsehen auszustrahlen.
Schon im Dezember 1954 will das Festspieldirektorium die durch den Tod Furtwänglers entstandene Lücke schließen und Herbert von Karajan gewinnen. Für 1955 sagt er jedoch seine Mitwirkung ab.
Ende der 1940er-Jahre ist der Prozess der Normalisierung in Stadt und Land, aber auch bei den Salzburger Festspielen deutlich spürbar. Im Februar werden etwa die vorübergehenden Stromabschaltungen aufgehoben und erstmals können fast alle Bühnenbilder in Festspielwerkstätten in Salzburg hergestellt werden, wodurch aufwendige Transporte entfallen.
Ein 46 Meter langer Film dokumentiert das „größte künstlerische Ereignis Österreichs“ 1948 in Wort und Bild: Helene Thimig bei der Probe zu Jedermann, Paula Wessely und Horst Caspar in Grillparzers Des Meeres und der Liebe Wellen sowie das Gipfeltreffen der beiden Maestri und künstlerischen Rivalen: Wilhelm Furtwängler, der im Festspielhaus einen neuen Fidelio dirigiert, und Herbert von Karajan bei seinem Operndebüt.
Die Salzburger Festspiele 1947 werden mit dem Jedermann in der Inszenierung der Reinhardt-Witwe Helene Thimig eröffnet. Den Jedermann spielt Attila Hörbiger. Thimigs Inszenierung nach Max Reinhardt bleibt bis 1951 auf dem Spielplan.
Das von Clemens Holzmeister erweiterte Festspielhaus hatte schon 1938 den Unmut Goebbels’ erregt.
Im Februar und März 1938 überschlagen sich die Ereignisse. Bereits wenige Tage nach dem Zusammentreffen zwischen Bundeskanzler Schuschnigg und Adolf Hitler sowie der Unterzeichnung des Berchtesgadener Abkommens, das den Nationalsozialisten weit reichenden politischen Einfluss in Österreich sichert, sagt Arturo Toscanini seine Mitwirkung bei den Salzburger Festspielen ab.
Arturo Toscanini forderte schon 1936 die Errichtung eines neuen Festspielhauses, während die Salzburger Verantwortlichen einen weiteren Umbau des vorhandenen Festspielhauses durch Clemens Holzmeister befürworteten.
Neben Mozarts Werken bilden ab Mitte der 1920er-Jahre Richard Strauss’ Opern eine zweite Programmsäule der Salzburger Festspiele. 1926 steht Ariadne auf Naxos auf dem Spielplan, 1929 folgt der erste Rosenkavalier, der zu einem zentralen Werk des Festspielprogramms wird.
Als für die neu gegründeten Festspiele 1922 erstmals ein Musikprogramm geplant wurde, lag es auf der Hand, dieses mit den Wiener Philharmonikern und dem Ensemble der Wiener Staatsoper zu gestalten.
1927 werden abermals Verbesserungen am Festspielhaus vorgenommen, diesmal im Bühnenbereich: Ein Rampenvorhang wird angebracht, die Bühnentechnik verfeinert, der Orchestergraben vergrößert. In diesem Saal sollen nun auch Opern aufgeführt werden.