Von Mutproben, Freundschaften, Zauberdingen & Hoffnung
Das jung & jede*r Programm 2023
Drei Neuproduktionen bietet das Jugendprogramm jung & jede*r der Salzburger Festspiele, das seit zwei Jahren auch durch das Bundesland tourt. Zwei der Neuproduktionen sind nicht nur im Sommer im Festspielprogramm, sondern auch von Abtenau bis Zell am See zu erleben.
Junge Menschen zu begeistern, sie an die Kunst des Theaters oder das Erlebnis klassischer Musik heranzuführen, zählt zu den Kernaufgaben der Kinder- und Jugendsparte jung & jede*r der Salzburger Festspiele. Neue Stücke zeitgenössischer Autor·innen, die speziell für junges Publikum entwickelt wurden, sowie Neuinterpretationen bekannter, tradierter Werke, die Themen aus der konkreten Lebenswelt der jungen Zuschauer·innen und aktuelle gesellschaftliche Fragen aufgreifen, öffnen Räume für künstlerische und soziale Interaktionen.
Bereits für junge Leute ab 6 Jahren ist Das Kind und die Zauberdinge geeignet, eine Oper für Kinder, die am 28. Juli im Schauspielhaus Premiere feiert. Es handelt sich dabei um eine deutsche Fassung von L’Enfant et les sortilèges des französischen Boléro-Komponisten Maurice Ravel, ein Meisterwerk, das durch Klangfarbenreichtum und Genrevielfalt begeistert und in einer Bearbeitung für Flöte, Violoncello und Klavier zu hören ist. – Und in dem so mancher Spuk zu erleben ist: Ein Kind wird von seiner Mutter zu Hausarrest verdonnert, Gegenstände im Kinderzimmer erwachen zum Leben, und im Garten muss sich das Kind sogar unter Tieren behaupten. Die Regisseurin Giulia Giammona, die im letzten Jahr das Zauberflöten-Operncamp leitete, sieht in dem Werk den Prozess des Erwachsenwerdens gezeichnet. Sie erzählt den Ausbruch aus einer wohlbehüteten künstlichen Welt dorthin, wo das Kind durch Mut und Verantwortung Teil einer sozialen Gemeinschaft wird. Die unterschiedlichen Räume und vielfältigen Kostüme werden von Selina Nowak geschaffen; Anna Handler hat die musikalische Leitung inne. Nachwuchstalente des Young Singers Project der Salzburger Festspiele verkörpern das schillernde Rollenpersonal von Kind, Mutter über Möbelstücke und Eichhörnchen bis hin zum Baum. Der Einführungsworkshop Wir spielen Oper bietet Kindern vor den Vorstellungen die Möglichkeit, sich spielerisch auf den Opernbesuch vorzubereiten.
Spielort des minimalistischen Kammerspiels Ping Pong ist eine Tischtennisplatte im Park. Dort wartet ein Junge und hört Musik: Es ist Vlad, ein introvertierter 13-Jähriger, der sich mit lauter Musik aus den neuen Kopfhörern gerne mal wegträumt und zunächst nicht bemerkt, dass noch jemand aufgetaucht ist: die zwölfjährige Esra, die ziemlich unter Druck steht, weil sie „was Krasses“ machen soll. Eine Mutprobe, um in die Mädchen-Gang aus ihrer Schule aufgenommen zu werden. Sie sehnt sich danach, dazuzugehören, nicht mehr alleine zu sein. Sie bemerkt Vlad und seine neuen Kopfhörer und weiß sofort, was richtig krass wäre … Als schließlich zwei Mädchen aus der Gang an der Tischtennisplatte auftauchen, eskaliert die Situation. Im Spiel zwischen Gesang (Sophie Negoïta, Máté Herczeg), Gitarre (Sophie Oberleitner), Saxophon (Greta Franzelin) und Percussion (Augustas Būrė) fliegen in der Regie von Annika Haller die Unsicherheiten, Gemeinheiten und Gemeinsamkeiten der vier Teenager wie Ping-Pong-Bälle rasant-musikalisch über die Tischtennisplatte. Dabei kann es passieren, dass der Gemütszustand auch durch den Wechsel der Kostüme (Eva-Mareike Uhlig) sichtbar wird. (Empfohlen ab 10 Jahren.)
Das Schauspiel Fiesta von Gwendoline Soublin – im Jahr 2022 mit dem Deutschen Kinder- und Jugendtheaterpreis ausgezeichnet – komplettiert das Angebot des diesjährigen Jugendprogramms: eine Geschichte über Freundschaft, Mut und die ungeheure Wichtigkeit von Geburtstagsfeiern für alle ab 8 Jahren. Nono freut sich schon seit Jahren auf seinen 10. Geburtstag. Auf der Party, einer Fiesta, soll nichts dem Zufall überlassen werden. Zitronenbaiser-Smarties-Torte, goldene Papiergirlanden, Jeans ohne Löcher, eine Rede über die Welt … alles ist schon geplant. Bei Nono und seinen Freunden steigt die Vorfreude täglich. Aber dann kommt alles anders, denn Maria Theresia, ein Orkan, so stark, dass er Chihuahuas, Kinderwagen und Straßenbahnen mitreißt, zwingt die Kinder, in ihren Wohnungen zu bleiben. Muss Nono seine Fiesta absagen? Verschieben? Für ihn ist das ausgeschlossen, denn schließlich wird man nur einmal im Leben zehn!
Die vier Protagonist·innen (Juliette Larat, Ludwig Michael, Riccardo Pallotta und Ines Maria Winklhofer) schaffen es, Hoffnung und Zuversicht zu bewahren. Das einfühlsame Stück, das die kindliche Erfahrungswelt einer Katastrophensituation poetisch und humorvoll schildert, wird von Joachim Gottfried Goller in der Ausstattung von Jenny Schleif in Szene gesetzt, die beide im Vorjahr für die von Publikum und Presse gleichermaßen gelobte Produktion Ich lieb dich verantwortlich zeichneten.
Bevor die Uraufführung von Mischa Tangians Ping Pong ab 20. Juli und die deutschsprachige Erstaufführung von Fiesta ab 23. Juli im Studio des Schauspielhauses Salzburg zu erleben sind, gehen beide Stücke im Rahmen des mobilen Vermittlungsprogramms auf Tour durch das Bundesland. Karten für die mobilen Veranstaltungen sind ausschließlich über die jeweiligen Kulturzentren zu beziehen.
Lukas Leipfinger • Dramaturg Das Kind und die Zauberdinge
Armela Madreiter • Dramaturgin Fiesta und Ping Pong
Mit Unterstützung von UNIQA • Würth-Gruppe • Raiffeisen Salzburg
jung & jede*r - Angebote
Neben dem Jugendprogramm gibt es für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die am regulären Programm der Festspiele interessiert sind, eine attraktive Besuchsmöglichkeit: 6000 Jugendtickets stehen jenen, die nach dem 30. Juni 1996 geboren sind, zur Verfügung. Dabei können sie Ermäßigungen von bis zu 90% auf Veranstaltungen im Bereich Oper, Schauspiel und Konzert erhalten. Das detaillierte Angebot gibt es ab Mai 2023 auf: www.salzburgfestival.at/jung-jeder
Zu ausgewählten Vorstellungen bieten die Festspiele darüber hinaus ein Vermittlungsangebot für das junge Publikum: Zuschauer·innen, die vor der Vorstellung einen Einblick in Werk und Inszenierung erhalten möchten, können dies bei den Jugendeinführungen tun, während alle Angeregten, Begeisterten oder Ratlosen mit Gesprächsbedarf nach der Vorstellung herzlich zu einem Künstler·innengespräch im lockeren Rahmen eingeladen sind. Neueinsteiger·innen melden sich dazu bitte für den jung & jede*r-Newsletter an:
www.salzburgerfestspiele.at/jung-jeder/jugendkarten
Nach dem Riesenerfolg im letzten Jahr wurden die neu kreierten Festspielpatenschaften für diesen Sommer weiterentwickelt: ein ganz besonderes Highlight für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 27 Jahren, die noch nie bei den Festspielen zu Gast waren. An fünf ausgewählten Vorstellungsterminen entdecken die Festspielneulinge in Begleitung einer erfahrenen Patin oder eines Paten die Festspielwelt.
Ein Empfang mit Werkeinführung schafft vor der Vorstellung Raum zum Kennenlernen, damit der gemeinsame Vorstellungsbesuch ganz sicher zu einem besonderen Erlebnis wird (Jugendkarte 20 €).
Anmeldungen oder Informationen unter: jugend@salzburgfestival.at
zuerst erschienen in der Festspielbeilage der Salzburger Nachrichten