22 Jul 2022

„Spielen Sie mal ein Baby!“

Devid Striesow über die Salzburger Uraufführung „Verrückt nach Trost“, grenzenloses Ausprobieren und einen sehr gefährlichen Kugelfisch.

Spätestens seit „Unendlicher Spaß“ gelten sie als Dream-Team: Regisseur Thorsten Lensing und die Schauspieler Devid Striesow, André Jung, Sebastian Blomberg und Ursina Lardi.

Mit diesem Stück wurden sie 2019 zum Berliner Theatertreffen eingeladen, „Theater heute“ nannte ihre Arbeit eine der „bemerkenswertesten Inszenierungen des vergangenen Jahrzehnts“. Nun hat Lensing selbst ein Stück namens Verrückt nach Trost für diese vier Akteure geschrieben, das in Salzburg uraufgeführt wird. Die Inhaltsangabe, in der es um Waisenkinder ebenso geht wie um sprechende Tintenfische, Kühe und hungrige Babys, gibt Rätsel auf – was durchaus beabsichtigt ist. Auch Devid Striesow, den man auch aus Filmen wie Ich bin dann mal weg oder Licht sowie aus dem Fernsehen (Bella Bock, Schwartz und Schwartz, Tatort) kennt, hält sich im Interview diesbezüglich bedeckt.

Was mögen Sie an der Arbeit bei „Verrückt nach Trost“ besonders?
Devid Striesow: Thorsten Lensing ist jemand, der sehr genau auf die Zusammenhänge und das Leben schaut. Das spiegelt sich auch in seinen Arbeiten wider. Dass er nun nach unserem Erfolg beim Berliner Theatertreffen mit Unendlicher Spaß ein eigenes Stück verfasst hat, ist für uns alle eine große Bereicherung.

Verrückt nach Trost ist eine logische Weiterentwicklung von 15 Jahren intensiver Arbeit des Teams um ihn. Es wird ein humorvoller, kurzweiliger Theaterabend, in dem es trotzdem um die Essenz des Lebens und den Ernst der Dinge geht. Seine Sicht auf das Leben schlägt sich stark auf das nieder, was er schreibt. Und er setzt auf Schauspieler, die er gut kennt. Da braucht man nicht allzu viele Worte, um sich gemeinsam auf die Suche zu begeben. Wir hoffen, dass Verrückt nach Trost auch dem Salzburger Publikum gefallen wird. Wir sind froh und stolz, hier spielen zu dürfen – und sehr gespannt auf die Reaktionen.

Wie waren die Reaktionen bei den Voraufführungen?
Sie waren gigantisch. Es gab Standing Ovations und dankbare, euphorisierte Menschen, die nach dreieinhalb Stunden immer noch guter Laune waren. Es war ein wahres Fest.

Verraten Sie uns genauere Details über das Stück?
Das möchte ich noch nicht. Aber es geht um Szenen, die sich aneinanderreihen. Tiere, darunter Affen und Fische, kommen ebenso vor wie Kinder und ein Ehepaar, das auf einem Parkplatz mit einem Baby ist. Alle Figuren werden von vier Schauspielern gespielt, es ist ein reines Schauspieltheater. Es macht große Freude – so wie alle Abende mit Thorsten Lensing – und es fordert gleichzeitig auch sehr. Spielen Sie mal ein Baby! Spielen Sie einen Affen! Da haben Sie eine Menge zu tun. Und wir haben einen Mörderspaß dabei, dieses Stück auf die Bühne zu bringen.

In welchen Rollen werden Sie zu sehen sein?
Ich spiele den 12-jährigen Felix, der damit zurechtkommen muss, dass seine Eltern gestorben sind. Und ich spiele ihn in meinem jetzigen Alter, wo er eine Art Beziehung oder zumindest einen One-Night-Stand hat. Ich spiele auch das komplette Gegenteil meiner Figur in einem Traum, also alles, was er sich erträumt und nicht hat. Außerdem verkörpere ich ein Baby. Und ich spiele einen sehr gefährlichen Kugelfisch. Ich bin froh, dass wir das Stück in einem solchen Umfeld eines Festivals zeigen, bei dem Musiker und Opernsänger ebenso ein und aus gehen wie wir.

Was schätzen Sie an der Arbeit mit Thorsten Lensing?
Ich liebe, dass er es immer wieder schafft, einem die Figur in der Tiefe nochmals nahe zu bringen – auch wenn wir die 20. Vorstellung von etwas geben und man von einem Dreh oder aus dem Privaten wieder dazu kommt. Er bringt einen sogar, wenn man schon hinter dem Vorhang steht und das Publikum hört, erneut auf die Konflikte, auf die es ankommt. Man kann nochmals abgleichen, worum es geht, und das hilft unglaublich dabei, wieder reinzufinden in die Verabredung, die man getroffen hat. In der Probenarbeit andererseits sind es die Momente, in denen ihm bei dem, was wir anbieten, Dinge einfallen, die er Lust hat auszuprobieren – und es wird wirklich alles ausprobiert. Es gibt da keine Begrenzungen, wenn es darum geht, die Beziehungen zwischen den Figuren auszuloten. Die Probenarbeit ist sehr, sehr intensiv – wie dann eben auch die Vorstellungen.

von Theresa Steininger
Zuerst erschienen am 25.05.2022 in Die Presse Kultur Spezial: Salzburger Festspiele