Zwischen Gaga und Macbeth
Ob als humorvolle Diva oder dunkle Shakespeare-Heldin: Asmik Grigorian zeigt, wie facettenreich Oper sein kann.


A Diva is Born. Unter diesem bestimmt Aufmerksamkeit erregenden Titel präsentiert sich Asmik Grigorian heuer im Großen Festspielhaus. Dass ihr Auftritt „Liederabend“ genannt wird, bezeichnet die Sopranistin als „lustig“, sie selbst bevorzugt „Show“, werde sie doch neben Werken berühmter Opernkomponisten auch solche von Lady Gaga und Sting zum Besten geben und einiges über ihr Leben erzählen.
Die litauische Sopranistin, von der „New York Times“ als „eines der feurigsten Talente auf dem Gebiet“ gepriesen, begeistert mit intensivem Spiel und Wandlungsfähigkeit und einer reichen, dunklen Stimme. Bei den Salzburger Festspielen, wo ihr der internationale Durchbruch gelang, war sie bereits mehrfach zu erleben. So beispielsweise vorigen Sommer in Sergej Prokofieffs „Spieler“ und natürlich 2018 als erinnerungswürdige „Salome“. Auch in der Wiener Staatsoper, zuletzt mit ihrem Rollendebüt als Elisabetta in „Don Carlo“, an der Metropolitan Opera und im Teatro alla Scala ist sie gern gesehener Gast.

Rückblick als Comedy-Show. In „A Diva is Born“ möchte Grigorian nun auf ihren Werdegang zurückblicken und wichtige Stationen ihrer Karriere – und das mit selbstironischem Zugang. „Ich würde es als Comedy-Show über mich bezeichnen, durchaus nicht komplett ohne traurige Momente, aber doch vor allem unterhaltsam angelegt“, sagt Grigorian zur „Presse“. Der Titel entstand in Anlehnung an den Film „A Star is Born“, erzählen wird sie an diesem Abend „eine Kurzversion meines Lebens“. Eingebaut werden dabei zusätzlich amüsante Kommentare, die sich im Internet finden. „Und auch mein Pianist Hyung-ki Joo trägt viel dazu bei, dass das, was wir erzählen, eindrücklich und lustig über die Rampe kommt.“ Auf dem Programm stehen unter anderen Werke von Georges Bizet, Giacomo Puccini, Sting und Lady Gaga. Doch mehr will Grigorian im Vorfeld nicht verraten: „Das Amüsante ist ja gerade, dass wir hier überraschen wollen. Natürlich gibt es eine Begründung, warum ich gerade das oder jenes singe, und es entsteht ein roter Faden.“ Dass sie so manches vorab im Unklaren lässt, „zeigt auch, wie mutig die Salzburger Festspiele sind, wenn sie mich einfach machen lassen, was ich für gut befinde. Das macht mich nervös, aufgeregt und neugierig zugleich“, gibt Grigorian zu. Zwar hat sie unter diesem Titel bereits an der Wiener Staatsoper einen Abend gegeben, doch „in Wien war er noch nicht finalisiert. In Salzburg wird nun die Premiere dieser Version geboten. Hoffentlich werden viele weitere Aufführungen der Show folgen“.

Rückkehr zur großen Rolle. Die zweite große Aufgabe Grigorians in diesem Salzburger Festspielsommer ist ihre Interpretation der Lady Macbeth in der Wiederaufnahme von Giuseppe Verdis „Macbeth“ in der Inszenierung von Krzysztof Warlikowski und unter der musikalischen Leitung von Philippe Jordan. Hier freue sie sich auf eine Rückkehr sowohl zu dieser Rolle als auch zur Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen. „Es ist immer spannend zu sehen, wie sich eine Produktion nach einer Pause verändert“, sagt Grigorian. Mit Warlikowski hat Grigorian bereits für „Elektra“ gearbeitet, sie bezeichnet die gemeinsame Arbeit als „besonderen Genuss“.
Für Grigorian, die man für ihre differenzierte Interpretationsfähigkeit kennt, ist die Lady Macbeth „eine überaus interessante Rolle. Ich liebe es ja generell, negative Charaktere zu interpretieren und ihre menschliche Seite genau herauszuarbeiten. Ich habe noch nie an pure Bosheit oder pures Gutmenschentum geglaubt. Ich möchte in jedem Charakter humane Qualitäten zeigen, auch wenn die Figur, die ich spiele, eigentlich traditionell als teuflisch angesehen wird“. Heute gesteht Grigorian mit Lockerheit ein, dass sie, als sie Lady Macbeth erstmals sang, „Angst vor den Koloraturen hatte und vor der finalen Arie. Aber jetzt, da ich sogar Norma gesungen habe, wirkt auch die Lady Macbeth für mich nicht mehr so herausfordernd wie noch vor ein paar Jahren. So entwickelt sich mein Repertoire immer weiter und ich bin gespannt, wohin der Weg noch führt“.
Text: Theresa Steininger
Zuerst erschienen am 31.05.2025 in Die Presse Kultur Spezial: Salzburger Festspiele