14 Jan 2019

Nachruf auf Theo Adam

DIe Presse

"Theo Adam sang und erlebte den Baal selbst"

„Mit Theo Adam ist einer der ganz Großen der Opernbühne gestorben“ drückt Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler ihre Trauer um den Tod des wunderbaren Sängers aus. „Besonders wichtig war er für uns bei der Durchsetzung der zeitgenössischen Musik. War es doch stets das erfolgreiche Konzept der Salzburger Festspiele Neues durch die Interpretation von Stars zugkräftig für das Publikum zu machen. Mit seiner Bühnenpräsenz und seiner Rollengestaltung trug Theo Adam wesentlich zum Erfolg der Uraufführungen von Friedrich Cerhas Baal und Luciano Berios Un re in ascolto bei.“

Fast 60 Jahre lang stand Theo Adam auf den Opernbühnen der Welt. Am 30. November 2006 beendete der Kammersänger seine Karriere genau dort, wo sie am ersten Weihnachtsfeiertag 1949 begann – als Eremit in Webers Freischütz in der Semperoper Dresden. Seit seinem 80. Lebensjahr wohnte er zurückgezogen in Dresden.

Bei den Salzburger Festspielen ist Theo Adam 56 Mal aufgetreten – In 15 Festspielsommern zwischen 1969 und 1999 vermochte er es, Publikum und Kritiker gleichermaßen zu Begeisterungsstürmen hinzureißen. Sein Debüt bei den Salzburger Festspielen gab er 1969 als Baron Ochs im Rosenkavalier. Ein besonderes Erlebnis – da waren sich die Zeitungskritiker 1981 einig – war die Uraufführung von Friedrich Cerhas Baal.

Die Süddeutsche Zeitung schrieb am 10. August 1981: „Der Glücksfall der Uraufführung war Theo Adam in der Titelrolle, der sich aus künstlerischer Neugier und mit schwer beschreibbarer Bravour auf dieses ihm bis dahin unbekannte Terrain begeben hat.“ Und auch in der Tageszeitung Die Presse schwärmte damals Franz Endler: „Theo Adam sang und erlebte den Baal selbst. Er kann sich jetzt alle die Epiteta Ornantia wählen, die er mag, er ist ein idealer Baal und ein intelligenter Sänger und ein Mordskerl und der Garant für den Erfolg dieser Uraufführung und, und, und…“

Theo Adam gilt in Salzburg als der Don Pizarro des Fidelio schlechthin, sang er diese Rolle doch in drei Festspielsommern: 1970 unter dem Dirigat von Karl Böhm und 1982/1983 unter Lorin Maazel. 1984 verhalf Theo Adam erneut einer Uraufführung zum Erfolg – Als Prospero sang er in Luciano Berios Un re in ascolto. Der Kritiker Klaus Geitel schrieb in der Welt damals: „Zwei Stunden lang hält Theo Adam das Disperate zusammen mit dem Adel seiner Präsenz“.

Theo Adam wurde am 1. August 1926 in Dresden geboren. Als Sängerknabe erhielt er schon frühzeitig seine musikalische Ausbildung im Berühmten Dresdner Kreuzchor unter Prof. Rudolf Mauersberger. Bereits 1952 sang er das erste Mal bei den Bayreuther Festspielen. Dort sang er 28 Jahre lang die großen Wagner-Rollen. 1955 wurde er mit 29 Jahren der jüngste Kammersänger in Deutschland. 1979 wurde ihm auch der österreichische und 1980 der bayrische Kammersängertitel verliehen.

Eine vorbildliche Textverständlichkeit, die Flexibilität der Stimme, aber auch seine Phrasierungskunst erlaubten es Theo Adam, ebenso Bachs Oratorien zu singen wie Kunstlieder und Opernrollen von der Klassik bis zur Moderne. Mehr als 100 Rollen konnte er so während seiner Karriere erarbeiten. Bei den Salzburger Festspielen war Theo Adam zuletzt 1999 in der Rolle des Schigolch in Luluzu sehen.

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