I want to see the magic
Into the Hairy
Nicht haarig, sondern spannend: „Into the Hairy“. Choreografin Sharon Eyal in Kooperation mit LAS (Light Art Space), Christian Dior Couture und Kraftwerk Berlin.
Als Gesamtkunstwerk werden die Choreographien von Sharon Eyal und Gai Behar gerne bezeichnet: Die Tänzerinnen und Tänzer bewegen sich sehr synchron, in hautengen, aparten Kostümen, mit fließenden Armbewegungen. Männer und Frauen sind kaum zu unterscheiden, immer wieder brechen einzelne Tänzerinnen und Tänzer aus der Gruppe aus, nur um bald wieder in der Gesamtheit aufzugehen und zu faszinierenden Tableaux vivants zu werden. Zwischen Dancefloor und Ballett changieren die Moves. Dass auch die neueste Produktion der L-E-V Dance Company, „Into the Hairy“, (17.–20. August, Perner-Insel) die Zuseher fesseln wird, davon ist Schauspieldirektorin Bettina Hering überzeugt. Zu den eindringlichen Beats von Koreless wird Tanz auf höchstem Niveau gezeigt. „I don’t want to see the choreography, I want to see the magic“, lautet das Motto der in Jerusalem geborenen Choreografin. Deren Karriere in Tel Aviv begann: Eyal tanzte von 1990 bis 2008 bei der Batsheva Dance Company, war dort von 2003 bis 2004 stellvertretende Künstlerische Leiterin, von 2005 bis 2012 Haus-Choreographin des Ensembles. Im Jahr 2009 begann Eyal, Stücke für andere Tanzkompanien auf der ganzen Welt zu kreieren. Etwa für Nederlands Dans Theater, fürs Royal Swedish Ballet, für die GoteborgsOperans Danskompani, die arte Blanche Dance, Hubbard Street Dance Chicago oder das Staatstheater Mainz.
Mit Senkrechtstart. Im Jahr 2013 gründete Eyal zusammen mit ihrem langjährigen Mitarbeiter Gai Behar das Tanzensemble L-E-V. Gai Behar war als Partyveranstalter von 1999 bis 2005 ein wichtiger Akteur im Nachtleben von Tel Aviv sowie Kurator multidisziplinärer Kunstevents. Die unterschiedlichen Zugänge von Eyal und Behar befruchteten die Zusammenarbeit seit ihrem ersten gemeinsamen Stück „Bertolina“ (2005). Wenig erstaunlich war daher der Senkrechtstart, den das Ensemble L-E-V hinlegte: Seit ihrer Gründung absolvierte die Tanzkompagnie mehr als 200 Auftritte an den exklusivsten Orten und bei den renommiertesten Tanzfestivals in der ganzen Welt. Koproduktionen gab es u. a. mit der Ruhr-Triennale, dem Montpellier Dance Festival, Sadlers Wells in London oder Julidans in Amsterdam. Neben ihrer Arbeit mit L-E-V erhielten Eyal und Behar auch Aufträge für externe Kompanien. Und sie kooperieren mit großen Namen außerhalb der traditionellen Tanzwelt, etwa für Modenschauen des Hauses Christian Dior. Was wiederum die künstlerische Inspiration der beiden beflügelt. Dior-Designerin Maria Grazia Chiuri sorgt dafür, dass die Kostüme der Tänzerinnen und Tänzer perfekt ins Gesamtbild passen. Die italienische Modedesignerin war übrigens die erste Kreativdirektorin im traditionellen französischen Modehaus – und machte „aus dem femininen Label ein feministisches Label“ (so das Modemagazin „W“).
Neu ist die Zusammenarbeit mit dem jungen walisischen Musiker Lewis Roberts, der unter dem Namen Koreless elektronische Musik produziert. Die hat aber nichts von abgehobener Sterilität, sondern passt mit ihrer Emotionalität gut zu den leidenschaftlichen Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer. Auch beim Licht wird nichts dem Zufall überlassen: Alon Cohen, Lichtdesigner des Ensembles, blickt auf eine langjährige Karriere als Lichtprogrammierer zurück.
Daniela Tomasovsky
Zuerst erschienen am 20.05.2023 in Die Presse Kultur Spezial: Salzburger Festspiele 2023