Soldaten mit skurrilen Puppen

Georg Baselitz kreiert für das Bühnenmärchen von Igor Strawinsky besondere Marionetten. Die jedoch selbst nicht zu Wort kommen.

© Salzburger Marionettentheater

Eine „faszinierende Zusammenarbeit“ – als solche bezeichnet Festspiel-Intendant Markus Hinterhäuser jene für die Premiere von „Die Geschichte vom Soldaten“. Denn einerseits wird dieses Bühnenmärchen von Igor Strawinsky in Kooperation mit dem Salzburger Marionettentheater aufgeführt, andererseits werden die Marionetten von einem Künstler geschaffen, der zu den größten Namen in der zeitgenössischen Kunstwelt gehört: Georg Baselitz.

Auf den Kopf gestellt. Baselitz’ Werke sind auf dem internationalen Kunstmarkt seit Jahrzehnten sehr begehrt, er selbst ist dafür bekannt, neben seinen Sujets auch Konventionen auf den Kopf zu stellen. Sein Markenzeichen ist das expressive Kopfübermalen von Motiven, sehr oft in großem Format. Er geht dabei zwar vom gegenständlichen Motiv und auch oft von Reminiszenzen an die Kunstgeschichte aus, findet aber mit viel Abstraktion zu einer eigenen Bildsprache.

Nun ist er es, der für die „Geschichte vom Soldaten“, in der ein ebensolcher desertiert, aber auch der Teufel und eine Königstochter vorkommen, die Marionetten kreiert. „Ich habe mir im Vorfeld viele Marionettentheater angesehen und festgestellt, dass sie ästhetisch immer sehr schön sind“, sagt Georg Baselitz über seine Herangehensweise. „Am schönsten sind immer die Puppen.“ Nun sei seine Arbeit für die Salzburger Festspiele „mein erster Angriff auf die schönen Puppen“, wofür er sich Folgendes vorgenommen hat: „Ich wollte Marionetten, die die Charaktere physiognomisch nicht identifizierbar machen, sondern ich habe mich begrenzt auf wenige Farben. Der Teufel ist rot, der König ist gelb und so weiter. Diese Farben bestimmen die Figur. Das Übrige zur Identifizierung macht der Erzähler“, sagt Baselitz. Dieser stelle die Protagonisten und die Handlung vor, die Marionetten selbst kommen nicht zu Wort. „Das macht die ganze Sache sehr einfach – und auch die Figuren sind sehr einfach“, beschreibt Baselitz, der – wie es Markus Hinterhäuser ausdrückt – eben erstmals „den Marionetten Leben gibt“.

Regie-Premiere. Regie führt bei dieser Zusammenarbeit der Festspiele mit dem Salzburger Marionettentheater, die auf einer langen Tradition basiert, Matthias Bundschuh: ein deutscher Schauspieler, Autor und Puppentheater-Regisseur, der in Filmen wie „Die Wannseekonferenz“, „Shoppen“ und „So viel Zeit“ reüssierte und seit annähernd 30 Jahren im Bereich des Marionettentheaters arbeitet. Am Salzburger Marionettentheater inszenierte er Camille Saint-Saëns’ „Karneval der Tiere“ und für die Mozartwoche 2024 „Mozart und Salieri“ von Nikolai Rimski-Korsakow, wofür er auch die Marionetten und das Bühnenbild gestaltete. Nachdem Bundschuh 2001, 2004 und 2016 als Schauspieler für die Salzburger Festspiele tätig war, wird er nun erstmalig im Rahmen der Festspiele Regie führen.

Für „Die Geschichte vom Soldaten“ verwendet er die deutsche Nachdichtung von Hans Reinhart, die auf Texten von Charles Ferdinand Ramuz basiert. Als Erzähler wird der französisch-deutsche Schauspieler Dominique Horwitz fungieren, den man aus Filmen wie „Stalingrad“ ebenso kennt wie als Chansonnier und der auch für sein Mitwirken im musikalisch-literarischen Genre bekannt ist, wofür ihm ein ausgeprägtes Gespür nachgesagt wird.

Bemerkenswert wird auch die musikalische Umsetzung von Igor Strawinskys Komposition sein. Das Stück gilt als Schlüsselwerk der musikalischen Moderne; unter den Musikerinnen und Musikern ist die Star-Violinistin Isabelle Faust. Neben ihr werden an den Instrumenten auch Pascal Moraguès, Giorgio Mandolesi, Reinhold Friedrich, Ian Bousfield, Burak Marlali und Raymond Curfs aktiv sein.

Faust gehört zu den wichtigen Violinistinnen unserer Zeit, sie hat schon in jungen Jahren renommierte Wettbewerbe gewonnen und seither mit Dirigenten wie Sir Simon Rattle, Sir John Eliot Gardiner, Daniel Harding und Philippe Herreweghe gearbeitet. In der aktuellen Saison war und ist sie in Konzerten mit dem London Symphony Orchestra, dem Gewandhausorchester Leipzig, Boston Symphony, Il Giardino Armonico und dem Tonhalle-Orchester Zürich zu hören. So kommen bei dieser Aufführung im Salzburger Marionettentheater einige große Namen zusammen, die das Publikum wohl nicht auf den ersten Blick damit in Verbindung gebracht hätte.

Text: Theresa Steininger
Zuerst erschienen am 31.05.2025 in Die Presse Kultur Spezial: Salzburger Festspiele

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