17 Jun 2021

Rückkehr der Gobelins von Oskar Kokoschka in das Große Festspielhaus

Zwei Gobelins nach Gemäldevorlagen von Oskar Kokoschka sind nach Restaurierungsarbeiten ins Große Festspielhaus zurückgekehrt.

Die beiden Werke Amor und Psyche sowie Männliche Chimäre und Sonne, weibliche Chimäre und Mond wurden auf ihre ursprünglichen Rahmen remontiert und schmücken wiederum, wie schon seit der Eröffnung 1960 die Wände des Großen Festspielhauses.

Die Textilrestauratorin Hilde Neugebauer erklärt den ebenso komplizierten wie erfolgreichen Vorgang der Erneuerung dieser von Sonnenlicht und Staub mitgenommenen Gobelins:
In erster Linie wurden die Gobelins im Zuge der Textilbehandlung von oberflächlichem Staub und anhaftendem Schmutz bereinigt. Dazu wurden die Tapisserien vom Rahmen demontiert, aufgerollt und in das Wiener Atelier von Hilde Neugebauer transportiert, die für die Arbeiten am Gobelin engagiert wurde.

Zum Einsatz kam ein Museumsstaubsauger, der mit besonders feinen Düsen eine schonende Entfernung von Verunreinigungen ermöglicht. Größere Partikel wurden in Handarbeit mit der Pinzette entfernt, berichtet Hilde Neugebauer. Mit saugfähigen, leicht angefeuchteten Evolon-Tüchern wurde der Gobelin entlang der Gewebestruktur abgetupft. Nach dem Entnehmen von Farbproben wurde eine Aerosolreinigung der Textilien ausgeschlossen, denn bei diesen Tapisserien war das Risiko von Verfärbungen zu groß. Kleinste Risse und Löcher wurden nähtechnisch konserviert.
„Besonders interessant war die Entdeckung weißer Farbpigmente zwischen den Tapisseriefäden“, sagt die Restauratorin. „Manchmal werden Gobelins vor Malerarbeiten im Innenraum nicht fachgerecht abgedeckt und es kommt dadurch zu Verunreinigungen. In diesem Fall aber ist die Farbe auf großen Teilen der Tapisserie flächig verteilt.“ Kokoschka habe in dem Gobelin eine Vielzahl verschiedener Weißtöne verwebt haben wollen, was die Weberinnen der Textilmanufaktur nicht umsetzen konnten. Der Künstler sei deshalb derart verärgert gewesen, dass er mit dicken Pinseln die Weißtöne selbst gemalt hat. Diese These werde auch von einem Laborbefund bekräftigt, der die gefundenen Pigmente eindeutig als Malpigmente aus der Zeit identifiziert. Somit wurden die Pigmente als dem Original zugehörig bestätigt und auf dem Textil belassen.

Der größere der beiden Gobelins zeigt Amor und Psyche, ein auf ein Märchen von Apuleius gründendes Motiv, das Kokoschka ursprünglich für ein Deckengemälde in einem Londoner Stadtpalais vorgesehen hatte. Da das Motiv aber in diesem geplanten Decken-Tryptychon inhaltlich nicht schlüssig war, behielt Kokoschka die Bildidee und schuf Amor und Psyche 1955 als eigenständiges Gemälde, welches durch die Wiener Gobelin-Manufaktur 1958 in einen gewebten Bildteppich übersetzt wurde.

Das Hinzufügen der Bordüre als Umrahmung des inneren Hauptmotivs verstärkt die Wirkung der abgebildeten kulissenartigen Architektur der Szene zu einer Bühne und ist daher geradezu prädestiniert für das Ausstellen in einem Opernhaus.

Da die am Ausstellungsort verfügbare Wandfläche nicht die nötige Höhe bot, musste die obere Bordüre durch ein schmales Mäanderband ersetzt werden. Dieses „geopferte“ Bildmotiv verarbeitete Kokoschka wiederum zu einem eigenständigen Gemälde Männliche Chimäre und Sonne, weibliche Chimäre und Mond. Dieses Gemälde hängt – nun wieder gemeinsam mit seinem spiegelbildlich gewebten Bildteppich-Zwilling – im neutorseitigen Teil des ersten Stocks des Großen Festspielhauses.

Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler: „Clemens Holzmeister, der Architekt des Festspielbezirks schuf mit dem Großen Festspielhaus ein Gesamtkunstwerk. Er nützte sein großes Netzwerk und betraute die wichtigen Künstler seiner Zeit mit der Ausgestaltung der Foyers, der Pausenräume, ja sogar der Stiegenhäuser. Die Gobelins von Oskar Kokoschka im Goldenen Gang sind eine besondere Kostbarkeit. Es lohnt sich, unserem Publikum und uns, die wir das Glück haben hier zu arbeiten, vor Augen zu führen, dass nicht nur auf der Bühne große Kunst stattfindet, sondern im ganzen Haus, auf jeder Wand, in jedem Gang.“