2 Mrz 2020

Die Entstehung eines Festspielzentrums

Festspielzentrum

Geschichte und Zukunft des Gebäude-Komplexes am Herbert von Karajan-Platz

Ein Treffpunkt für Kulturinteressierte aus der ganzen Welt, ein offener Ort, der zum Verweilen im Kosmos der Salzburger Festspiele einlädt, ein Festspielzentrum soll am Herbert von Karajan-Platz entstehen und damit den Festspielbezirk über und unter der Erde erweitern und verschönern. Bei einem geladenen, einstufigen Realisierungswettbewerb der Salzburger Festspiele hat das Konzept des Architekturbüros Marte.Marte die Jury überzeugt und sich gegenüber fünf anderen Entwürfen durchgesetzt.

Messingfarben schimmernde Drehtore begrüßen die Besucher beim Betreten des Innenhofes. Ihre Farbe ist inspiriert von den Blechblasinstrumenten eines Orchesters, von hochpoliert und glänzend bis zu oxidierten, fast bronzefarbenen Tönen. Im Innenhof erwartet die Besucher ein gläserner, rechteckiger Pavillon. Die Rückseite der Prospektwand der barocken Pferdeschwemme ist in einer perforierten Messingmembran eingefasst. Das helle freistehende Gebäude beherbergt das neue Informationszentrum der Festspiele inklusive Shop und Café. Die Glaswände sind schiebbar, so dass das kleine Café bei gutem Wetter geöffnet werden kann. Eine besonders gestaltete Wendeltreppe führt in das Untergeschoss, das den bestehenden Vortragsraum der Freunde der Salzburger Festspiele im Schüttkasten ergänzen wird. Hier sollen künftig Einführungsvorträge, Lesungen und hochrangige gesellschaftliche Treffen für Freunde und Förderer weltweit stattfinden. Insgesamt 730 Quadratmeter an neuer Nutzfläche entstehen durch das Festspielzentrum für die Salzburger Festspiele.

Die Salzburger Festspiele sind sich ihrer architektonischen Verantwortung bewusst und fühlen sich dem Weltkulturerbe-Status der Salzburger Altstadt verpflichtet. Die Prospektwand der barocken Pferdeschwemme soll durch die geplante Freistellung in ihrer wunderbaren Wirkung verstärkt werden. Die Rückseite hingegen kann durch die Bebauung positiv belebt werden, da die Bausubstanz als nicht erhaltenswert eingestuft wurde. Die in das Bauvorhaben involvierten Beteiligten der Sachverständigenkommission für die Altstadterhaltung (SVK) und das Bundesdenkmalamt stehen diesem Projekt positiv gegenüber und halten es für entwicklungswürdig. Das Festspielzentrum ist zukunftsweisend. Es soll ein großes Geschenk von internationalen Mäzenen zum 100. Jubiläum für alle Festspielbesucher sein.

Die Jury hat das Architektenteam Marte.Marte zum Wettbewerbssieger erklärt, weil ihr Konzept das Projekt in seiner Klarheit am besten transportiert hat. Der Baukörper ist so transparent, dass die ursprüngliche Funktion eines Innenhofes wieder eindeutig sichtbar wird. Das Siegerprojekt sieht die Öffnung des „blinden Tores“ auf der rechten Seite der Prospektwand vor, welches beim Umbau zur Bäckerei im Jahre 1806 geschlossen wurde, historisch aber als wirkliches Tor gebaut wurde. Durch die Öffnung dieses Tores verbindet sich der Festspiel-Innenhof wieder mit der Altstadt.

Die Finanzierung soll rein durch private Gelder geschehen. „Mein großes Bestreben ist es, diesen Umbau mit privaten Mitteln zu finanzieren. Denn die Gelder der öffentlichen Hand brauchen wir dringend für die anstehende Generalsanierung unserer Festspielhäuser. Erste Gespräche mit möglichen Finanziers stimmen mich optimistisch für die Zukunft“, sagt Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler. Die Kosten werden sich auf einen höheren einstelligen Millionenbetrag belaufen. Gerade für die Akquise von finanziellen Unterstützern sei es laut Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler besonders wichtig, dass das Festspielzentrum ein Geschenk zum 100-jährigen Jubiläum darstellt. Ziel ist es, bis Ende 2020 das Areal baureif zu bekommen und sämtliche Bewilligungen eingeholt zu haben, so dass der Bau Anfang 2021 beginnen kann. Im heurigen Sommer wird es wie 2019 wieder ein Pop-up Café im Innenhof geben, um den wartenden Gästen vor Kartenbüro und Schüttkasten die Zeit zu versüßen. Inhaber Werner Brunner aus Oberalm brüht hier wieder den biozertifizierten Kaffee seiner Rösterei „Herr Werner“.

Realisierungswettbewerb

Weitere Teilnehmer des Realisierungswettbewerbes waren:
architekturbüro HALLE 1 – wurden von der Jury mit dem zweiten Rang bewertet
Die weiteren vier Projekte wurden ex equo auf den dritten Rang gesetzt:
Delugan Meissl Associated Architects
the next ENTERprise Architects ZT GmbH
Brückner Brückner Architekten, Hilmer & Sattler
Albrecht Gesellschaft von Architekten GmbH

Die baulichen Veränderungen am Herbert von Karajan-Platz im Überblick

Die Geschichte des Gebäude-Komplexes am Herbert von Karajan-Platz geht zurück auf das Jahr 1695. Der Schüttkasten wurde einst als Getreide- und Heuspeicher für den gegenüberliegenden Marstall (heutiges Festspielhaus) errichtet. Dieses Gebäude schien aber dem Erzbischof zu einfach und er betraute daher den großen Barockarchitekten Johannes Bernhard Fischer von Erlach etwa zeitgleich mit dem Bau der Kollegienkirche (1694 – 1707) und dem Bau der Felsenreitschule (1693) mit der Planung einer Prospektwand. Diese sollte den bestehenden Schüttkasten verdecken und wurde direkt an den Marstall angebaut.

1806 belegt ein Grundrissplan, dass an der Rückseite der Prospektwand ein eingeschossiges Militär-Verpflegs-Magazin mit einer Bäckerei angebaut wurde. Diese Bäckerei ist bei späteren Umbauten bis auf die Grundmauern, insbesondere 1957 und 1984, niedergerissen und umgebaut worden. Damals wurde auch das Tor in der Prospektwand geschlossen, welches bis heute ein Blindtor ist. Es ist geplant, dieses Tor wieder zu öffnen und in Zukunft wieder in seiner ursprünglichen Funktion als Tor zur Altstadt zu nutzen.

1860 erfolgte der Abbruch des südlichen Seitentores mit den flankierenden Bildern. Es wurden also zwei Pferdebilder geopfert, um den Verkehr durch das Neutor zu ermöglichen.

1915 wurde ein drittes Bildfeld geopfert, dieses Mal um Platz für die neue Straßenbahn zu gewinnen. Dabei wurden auch die Giebelfassaden von Schüttkasten und Magazin abgerissen und 2,5 Meter zurückversetzt neu errichtet.

Um 1940 wurden in das Magazin, das 1806 errichtet wurde, Garagen eingebaut.
Auf Plänen von 1957 sind zwei Torbauten angebaut an Schüttkasten und Magazinbau, dargestellt. Heute besteht jedoch nur noch jener beim ehemaligen Café.
1984 bis 1988 erfolgte der Umbau der Garagen zum Café. Bei diesem Umbau ging ein Großteil der Altstadtsubstanz verloren.

Im Jahr 1987 konnte der Salzburger Festspielfonds den Schüttkasten, den er bereits zuvor als Requisitenlager angemietet hatte, und das Magazin von der Bundesgebäudeverwaltung erwerben. Dr. Heinrich Wiesmüller, bis 1995 Präsident der Salzburger Festspiele, hat während seiner Amtszeit maßgeblich den Weg dafür bereitet, dass der Schüttkasten, dieses letzte noch verfügbare Hofstallgebäude, für die Salzburger Festspiele Verwendung fand. Es wurde als modernes Kommunikationszentrum umgebaut, in dem Ausstellungen, Vorträge, Podiumsdiskussionen und auch Konzerte stattfinden. Zudem wurden im Schüttkasten das Kartenbüro, das Festspiel- und Max-Reinhardt-Archiv sowie der größte Probensaal der Festspiele untergebracht.
Im Zuge des jetzt geplanten Umbaus des Schüttkasten-Komplexes zusammen mit dem Festspiel-Zentrum soll auch das renovierungsbedürftige Kartenbüro neugestaltet und publikumsfreundlicher gemacht werden.