Zum Zeitstrahl
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1960er-Jahre

Mit der Eröffnung des Großen Festspielhauses markierte das Jahr 1960 einen Meilenstein in der Geschichte der Salzburger Festspiele: Am 26. Juli wurde es mit einem Festakt und einer Neuinszenierung von Richard Strauss’ Rosenkavalier unter der Leitung von Herbert von Karajan als dritte Spielstätte im Festspielhauskomplex in Betrieb genommen. Etwa 2200 Gäste finden seither im Auditorium Platz. Die Bühne mit einer Portalbreite von 30 und einer Gesamtbreite von 100 Metern war damals in ihren Dimensionen weltweit unübertroffen.

Im Großen Festspielhaus sollten vornehmlich die großen Werke der Opernliteratur des 19. Jahrhunderts aufgeführt werden. ­Karajan etwa realisierte in den 1960er-Jahren hier Verdis Il trovatore (1962), Strauss’ ­Elektra (1964), Mussorgskis Boris Godunow (1965), aber auch Bizets Carmen (1966). 1968 wagte er sich erstmals an eine Mozart-Oper – Don Giovanni – im Großen Haus.

Die Idee zu einem Großen Festspielhaus an der Stelle des ehemaligen erzbischöflichen Marstalls hatte der Architekt Clemens Holzmeister gemeinsam mit dem Regisseur Herbert Graf bereits 1953 ins Spiel gebracht. An Holzmeisters Seite trug auch Herbert von Karajan zur Konzeption des Baus bei. Zwischen Herbst 1956 und Frühsommer 1960 war zwischen die jahrhundertealte Fassade des Hofmarstalls und den Mönchsberg das Theaterhaus mit der riesigen Bühne eingefügt worden. Um Platz zu schaffen, mussten 55.000 Kubikmeter Fels gesprengt werden. Der Bau wurde großteils aus dem Budget der Bundesregierung finanziert, weshalb die Republik Österreich auch Eigentümerin des Großen Festspielhauses ist.

Die anderen beiden Spielstätten wurden in den 1960er-Jahren ebenfalls weiter adaptiert und ausgebaut. Schon 1960 bemängelte Bernhard Paumgartner, dass im Festspielbezirk ein intimes Haus für Mozart fehle, weshalb das nunmehr alte Festspielhaus umgebaut und 1963 als „Kleines Festspielhaus“ wiedereröffnet wurde. 1969/70 folgte die Ausstattung der Felsenreitschule mit Unterbühne, Orchestergraben, Zuschauertribüne und wetterfestem Rolldach.

1960 gab Heinrich Baron Puthon sein Amt als Festspielpräsident auf, seine Nachfolge trat Paumgartner an. Neuer Beauftragter für das Schauspiel wurde Burgtheaterdirektor Ernst Haeusserman. Auch wenn Karajan nicht mehr als alleiniger Künstlerischer Leiter amtierte und ab 1964 in das Direktorium eingebunden war, traf er doch die maßgeblichen Entscheidungen. Mit drei voll funktionsfähigen Spielstätten und einer veränderten Führungsspitze starteten die Salzburger Festspiele in das neue Jahrzehnt. Der sich abzeichnende gesellschaftliche Aufbruch schien sie vorerst nicht zu erschüttern. Doch parallel zu den Studenten- und Bürgerprotesten im Gefolge der 1968er-Bewegung formierte sich die Salzburger „Szene“ in einer Jugendinitiative.