Pierre Boulez, Foto: Marion Kalter
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À PIERRE

„Zwei Vokabeln fehlten ihm: Ehrfurcht und Verehrung“, erinnerte sich Olivier Messiaen einmal an seinen einstigen Schüler Pierre Boulez. Dieser besaß nicht nur ein Faible für Mathematik, sondern war auch mit einem unbestechlichen äußeren wie inneren Ohr begabt, das Sprache und Musik mit der gleichen analytisch untermauerten Hingabe erlauschen und voraushören konnte. — „Le compositeur, c’est l’œil qui imagine l’oreille“.

Als Komponist war Boulez gleichsam die lebende Begründung dafür, dass der Begriff „Avantgarde“ eine musikalische Bedeutung besaß, dass er aus dem Französischen stammte — und zugleich aus der Militärsprache: Keiner seiner engsten Mitstreiter der Moderne, weder Karlheinz Stockhausen noch Luigi Nono, nahm es mit der Rolle der kämpferischen Vorhut gegen künstlerische Altlasten aller Art so ernst wie er. Stets drängte die Zeit für Pierre Boulez.

Er wollte Musik schaffen, in der sich Intellekt und Emotion gleichermaßen mitteilten, in der die Schönheit berechnet und der Verstand verspürt werden konnten. Die französische Sinnlichkeit von Debussy und Ravel standen ihm dabei ebenso nahe wie Bachs scharfsinnig durchkonstruierte Klarheit. — Und er war Perfektionist. Nicht einer, der sich von seinen eigenen enormen Ansprüchen lähmen ließ, sondern einer, der immer weiter an seinen Stücken feilte, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war.

Auch als Dirigent interessierte sich Boulez nur für die Neuerer unter den Komponist·innen — und erreichte seine präzise formulierten Ziele ohne sezierenden Taktstock, ohne publikumswirksame Show. „Struktur“ war einer seiner Lieblingsbegriffe. Mit den Wiener Philharmonikern begann bei den Salzburger Festspielen eine von gegenseitigem Respekt geprägte, musikalisch innige Beziehung: Höhepunkte seiner späten Jahre.

„À Pierre“ feiert den richtungsweisenden Sensualisten, den poetischen Revolutionär Pierre Boulez zum 100. Geburtstag.

 

Walter Weidringer

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