STAGING REALITIES – THE LIVING ARCHIVE
Iz Paehr · Feeling Virtual: An Archive of Touch
Die Installation Feeling Virtual: An Archive of Touch der in Berlin lebenden Künstler·in Iz Paehr [in der Übersetzung: Virtuelles (Be-)Greifen – Ein Archiv der Tastempfindungen] lädt dazu ein, Archivmaterialien zu ertasten. „Wie fühlt sich die Geschichte der Oper in Ihren Händen an?“, fragt Iz Paehr und legt den Fokus auf tactile records (taktile Aufzeichnungen), sodass 3D-Modelle von realen Objekten aus der Festspielgeschichte – etwa Kostüme der Rosenkavalier-Inszenierung 1960, Requisiten und Kostüme der Zauberflöte 1997 – als virtuelle Objekte durch Vibrationen, taktile Beschreibungen und Berührung erfahrbar und zugänglich gemacht werden. Die Künstler·in versteht Behinderung als einen kreativen Motor, der unsere Beziehungen zu Archiven verändert und neue künstlerische Ausdrucksformen hervorbringt. Besucher·innen werden in eine multi-sensorische Erfahrung einbezogen, die sie mit Kostümen und Requisiten des Archivs der Salzburger Festspiele in Berührung bringt. „Ausgehend vom Wissen behinderter Menschen zielt dieses Projekt darauf ab, das Festspielarchiv zu ertasten. Archivmaterialien werden durch neuartige VR-Erfahrungen, die den Tastsinn in den Vordergrund stellen, erfahrbar. Durch haptische Skulpturen werden virtuelle Berührungspunkte navigiert und können von einer Vielzahl von Körpern und Köpfen erlebt werden.“ (Iz Paehr)
Kooperation der Salzburger Festspiele mit Ars Electronica Linz sowie dem Institut für Open Arts am Mozarteum Salzburg im Rahmen von S+T+ARTS Ec(h)o, funded by the European Union
Merve Sahin · Merging Visions
Merging Visions ist eine zweiteilige immersive Installation der in Wien lebenden Künstlerin und Architektin Merve Sahin, die eine neue Perspektive auf die gebaute Umwelt bietet und ihren ständigen Wandel sowie die Verflechtung mit der Natur und historischen Zyklen beleuchtet, und zwar im Zusammenhang mit der architektonischen Transformation der Natur durch die Spielstätten der Salzburger Festspiele. Das Projekt legt historische, kulturelle und ökologische Schichten frei, die den Festspiel-Komplex determinieren. Die fortlaufende Transformation der Theaterinfrastruktur wird in einer Mixed-Reality-Erfahrung als kontinuierlicher Dialog zwischen Natur und Kultur erfahrbar und offenbart das Theater als lebendige Schnittstelle zwischen der Stadt, dem Mönchsberg und der menschlichen Vorstellungskraft.
Eine VR-Experience im X-Reality-Lab belebt historische Zeichnungen, digitale Modelle und Festivalgeräusche und schafft eine immersive Erfahrung, in der Architektur, Ökologie und kulturelles Gedächtnis in der Stadt Salzburg verschmelzen. Die physische Installation Garden of Objects lädt dazu ein, sich näher mit Materialproben aus dem Gelände auseinanderzusetzen. Dies regt gleichzeitig zum Nachdenken über unsere Beziehung zur Natur an, über die Beständigkeit von Naturlandschaften und die Vergänglichkeit von Aufführungen.
Kooperation der Salzburger Festspiele mit Ars Electronica Linz, dem Media Solution Center Baden-Württemberg und Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart sowie dem Institut für Open Arts am Mozarteum Salzburg im Rahmen von S+T+ARTS Ec(h)o, funded by the European Union
Mats Staub · Festspiel-Erinnerungsbüro
Mats Staub – „ein Reisender und Sammler in Sachen Erinnerung“ – entwickelt seit 20 Jahren Kunstprojekte im Spannungsfeld zwischen Theater und Ausstellung, Wissenschaft und Literatur, in deren Zentrum Menschen und deren Lebenserzählungen stehen. In einem speziell für Salzburg entwickelten Projekt wird auf die Erinnerungen der Festspielgäste fokussiert und das Publikum sichtbar, werden Festspielereignisse und Zeitenwenden vielstimmig spürbar. Mit dem Festspiel-Erinnerungsbüro entsteht ein Archiv subjektiver Festspielerlebnisse, die mimisch und gestisch in einer Videoinstallation erfahrbar und parallel dazu in verdichteten Erzählungen hörbar sind.
Auf fünf Monitoren sind 45 Menschen unterschiedlicher Generationen in Lebensgröße zu sehen, wie sie sich ohne Worte an jene Aufführungen erinnern, die sie besonders geprägt haben. Die Monitore sind fünf Epochen zugeordnet, wodurch ein Erinnerungspanorama der Festspielgeschichte entsteht, vom Jedermann 1949 über Saint François d’Assise 1992 bis zu einer Nachtmusik 2025. Mithilfe eines Audiogeräts können sich die Besucher·innen individuell in die akustischen Erinnerungen der erzählenden Personen vertiefen – und zugleich eigenen nachspüren. Diese solchermaßen theatrale und berührende Präsentation ermöglicht das einfühlsame Wiedererkennen von Emotionen – und Festspielerlebnissen der besonderen Art.
Eigenproduktion der Salzburger Festspiele
FAUST 2023
Bereits 2023 – anlässlich des 150. Geburtstags von Festspielmitbegründer Max Reinhardt – wurde in Kooperation mit Ars Electronica sowie dem Ars Electronica Futurelab das Archiv-Projekt FAUST 2023 realisiert, in dem Archivbestände die Grundlage von Virtual-Reality-Anwendungen bildeten. Parallel zur Faust-Neuinszenierung im Rahmen der Salzburger Festspiele 2026 bietet die Wiederaufnahme der Virtual-Reality-Experience, in deren Zentrum die virtuelle Rekreation der berühmten Faust-Stadt von Clemens Holzmeister für Reinhardts Inszenierung 1933 in der Felsenreitschule steht, sowohl einen Konnex zur aktuellen Festspielsaison als auch zum Living-Archive-Schwerpunkt.
Die Rekonstruktion der Faust-Stadt erfolgte auf Basis von Plänen, Aufnahmen und anderen Aufzeichnungen aus dem Archiv der Salzburger Festspiele. Eine Vielzahl von Fotos wurde perspektivisch entzerrt und teils mit KI-Unterstützung qualitativ verbessert. Die Originalaufnahmen aus dem Festspielarchiv kamen als Texturen auf der manuell erstellten Geometrie zum Einsatz. Auf diesem Weg wurde Detailtreue zum damaligen Bühnenbild trotz der technischen Einschränkungenvon VR-Brillen erreicht.
Zu erleben ist die FAUST-VR diesmal im X-Reality-Lab des UMAK; in einer Einführung wird der historisch-politische, gesellschaftliche und theatergeschichtliche Kontext der Reinhardt‘schen Inszenierung erläutert und kommen weitere Medien zum Einsatz: erzählte Geschichte, Fotografien, Film- und Tondokumente …
Koproduktion der Salzburger Festspiele mit Ars Electronica Linz und dem Institut für Open Arts am Mozarteum Salzburg
Symposium
Ausgehend von den Projekten im Zusammenhang mit dem Festspielarchiv und dem Faktum, dass sich performative Aktionen per se nicht adäquat archivieren, sondern höchstens dokumentieren lassen, steht in einem ganztägigen Symposium das Bewahren von performativer Kunst im Fokus. Daran knüpfen sich Fragen nach der auratischen Wiederverzauberung im lebendigen Archiv ebenso wie solche nach der Teilhabe: Wer hat Zugang zum Archiv und Macht über das Archiv? Wie lassen sich Archive als Orte der Quellen und der Erinnerung für alle erschließen? Living-Archive-Theorien, die Zugänglichkeit von Archiven sowie die Archivierung von performativen Künsten mittels VR und AI werden mit Expert·innen und Künstler·innen erörtert.