Andy Warhol, Shoe, 1950s, ink, watercolour, feathers, paper doilies and foil applique on paper (41.5 x 25 cm) Private Collection; © Photo: Licensed by DACS, London / Christie’s Images / Bridgeman Images © The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Bildrecht Wien, 2025
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„Wir reden davon aufzubrechen, und wir sind immer noch hier.“

In einer Hotellobby Gäste zu beobachten, kann ein kurzweiliger Zeitvertreib sein, besonders wenn man auf solche wie in Rossinis Il viaggio a Reims stößt: Eigentlich wollen diese Leute alle nach Reims, um der Krönung von Karl X. zum König von Frankreich beizuwohnen, doch da sich weit und breit keine Pferde auftreiben lassen, stecken sie in einem Kurhotel in der Provinz fest. Und so erleben wir eine abwechslungsreiche, internationale Parade von Figuren in einem Geflecht aus Sympathien und Antipathien, Liebeleien und Eifersucht, Enthusiasmus und Eitelkeit, Idealen und Spleens …

Rossini komponierte Il viaggio a Reims für die Feierlichkeiten eben jener Krönung, die als historisches Ereignis in das Stück selbst eingegangen ist. Nach der Premiere am Pariser Théâtre-Italien am 19. Juni 1825 und drei weiteren Aufführungen ließ er die Partitur in der Schublade verschwinden und übernahm drei Jahre später etwa die Hälfte der Musik in seine französische Oper Le Comte Ory. Erst 1977 wurde das verschollen geglaubte Manuskript der nicht für Ory verwerteten Teile in Rom wiederentdeckt. Mithilfe weiterer Quellen konnte Il viaggio a Reims rekonstruiert werden, und 1984 gelangte dieses extravagante Gelegenheitswerk in Pesaro erstmals wieder auf die Bühne. Außergewöhnlich ist bereits die Besetzung: Das Budget für die Uraufführung entsprach dem royalen Anlass und erlaubte es Rossini und seinem Librettisten Luigi Balochi, nicht weniger als 18 Rollen zu erfinden, darunter zehn anspruchsvolle Hauptrollen, für die gefeierte Stars wie Giuditta Pasta aufgeboten wurden.

Mit Il viaggio a Reims schrieb Rossini seine erste Oper für Paris, wo das Publikum schon seit Jahren verrückt nach seiner Musik war. Zugleich ist das Werk seine letzte italienische Oper – und als Opera buffa ein Rückblick auf eine Gattung, die er mit La Cenerentola (1817) eigentlich hinter sich gelassen hatte. Rossini und Balochi verfolgten den Rummel rund um die französische Königskrönung aus der distanzierten Perspektive von Außenstehenden, und man merkt, wie unbefangen und mit welchem Spaß sie an ihren prestigevollen Auftrag herangingen. Da die Gäste ihres Hotels aus allen Richtungen Europas kommen, konnten Librettist und Komponist ausgiebig mit nationalen Klischees spielen. Mit der gleichen Lust spielten sie mit Konventionen der italienischen Oper und parodierten sie textlich ebenso wie musikalisch – Il viaggio a Reims ist insofern auch eine Meta-Oper.

Manchmal entsteht der komische Effekt schon allein aus dem Kontrast zwischen Ursache und Ausdruck: Als die modebesessene Contessa di Folleville erfährt, dass die Kutsche mit ihrer Festgarderobe auf der Fahrt umgestürzt ist, kleidet sie ihren Kummer in Worte und Töne, die für weit Tragischeres geeignet wären; die Ankunft eines überlebenden Hutes lässt sie dann in entsprechend überschwänglichen Jubel ausbrechen. Hier und in vielen anderen Momenten, in denen die Figuren emotional fortgetragen werden oder die Lage nicht mehr unter Kontrolle haben, begegnen wir der für den Komponisten so typischen, mitreißenden „Mechanisierung“ der Musik, die sich quasi verselbstständigt. Und doch scheint noch im Rausch von Klang und Rhythmus die Menschlichkeit von Rossinis Figuren immer durch.

Eine Gruppe zufällig zusammengewürfelter Personen, die eine Zeit lang auf begrenztem Raum festgehalten werden – das ist eine Situation, aus der Theater- und Filmautor·innen immer wieder komische und absurde Funken geschlagen haben. Dass Il viaggio a Reims nur ein Minimum an äußerer Handlung aufweist, empfindet der Regisseur Barrie Kosky daher keineswegs als Manko, im Gegenteil: Es ist für ihn eine unwiderstehliche Einladung, eigene Geschichten hinzuzuerfinden. Im Gepäck für die Inszenierung mit dabei hat Kosky eine Menge an Feydeau’schem Witz, Drive und erotischem Slapstick. Im Verein mit Rossinis elektrisierender Musik, die vor allem in den Ensemblenummern einen geradezu physischen Sog entwickelt – Il viaggio a Reims wartet unter anderem mit dem Unikum eines „Gran pezzo concertato“ für 14 (!) Stimmen auf –, verheißen diese Ingredienzen ein Delirium aus Verrücktheit und Komik. Dass die Oper eigentlich zur Feier eines ultrakonservativen Monarchen entstand, darf man im Strudel des Lachens dann getrost vergessen.

Christian Arseni

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4. Dezember 2025
Il viaggio a Reims | Salzburger Festspiele 2026 – Statement Barrie Kosky

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