Andy Warhol, n. t. (Portrait of Stephen Bruce with Hearts), c. 1955, ballpoint pen on chamois paper (42.9 × 35.7 cm) Courtesy & © Photo: Daniel Blau, Salzburg, 2025 © The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Bildrecht Wien, 2025
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„Mich soll man meinen, mich; uns beide trennen Welten; / Ich plane nicht, als Freund der Gattung Mensch zu gelten.“

Molières Komödie Der Menschenfeind, die im Jahr 1666 wie die meisten seiner Stücke mit dem Autor in der Titelrolle uraufgeführt wurde, ist eine funkelnde Satire auf gesellschaftliche Heuchelei, die bis heute nichts an Aktualität verloren hat. Im Zentrum steht der unversöhnliche Konflikt zwischen kompromisslosem Idealismus und einer Welt, in der Selbstinszenierung und Lüge als missverstandene Höflichkeit zur Regel geworden sind.

Alceste, der „Menschenfeind“, ist ein Mann radikaler Ehrlichkeit. Er verachtet die Lügen, Intrigen, Masken und Spiele, die in der höfischen Welt zum Alltag gehören und den Ruf eines Menschen stärker prägen als seine realen Taten. Konsequent und unnachgiebig vertritt er seine Auffassung, auch wenn sie ihn zum Außenseiter in eben jener Gesellschaft macht. Alceste bewegt sich damit zwischen dem Pol des tragischen Helden, der an seinen Idealen zu zerbrechen droht, und dem eines lächerlichen Clowns, der nicht gewillt ist, auch nur einen Fußbreit auf seine Mitmenschen zuzugehen. Ihm gegenüber steht Célimène, eine junge Witwe, die intelligent, witzig und charmant eine Meisterin der Konversation ist und sich lustvoll auf das gesellschaftliche Spiel einlässt. Ihr Salon bildet den Mittelpunkt der Handlung – ein Ort der Intrigen, des Klatsches und der doppelbödigen Kommunikation. Célimène versteht es, Verehrer gegeneinander auszuspielen, ihre Stellung zu sichern und soziale Netzwerke zu nutzen.

Trotz all seiner moralischen Ansprüche liebt Alceste diese Célimène. Und so wird diese Liebe zum Ausdruck seines inneren Dilemmas: Er begehrt eine Frau, die alles verkörpert, was er verachtet. Sein Versuch, sie zu einem Leben im Einklang mit seiner Wahrheit zu bekehren, ist zum Scheitern verurteilt. Am Ende bleibt ihm nur der Rückzug in die Einsamkeit – eine radikale Konsequenz in einer Welt, die seine Prinzipien nicht teilt. Molière verortet diesen – auch sein Leben prägenden – Konflikt im Mikrokosmos eines höfischen Salons, der als Modell für eine Gesellschaft dient, in der der Schein wichtiger ist als das Sein. In dieser Welt sind Lügen oft funktionaler als Wahrheiten, und diplomatische Höflichkeit ist die Voraussetzung für das Zusammenleben. Gleichzeitig stellt er mit Alceste dieser Welt keine Figur gegenüber, deren Handeln und Moral als nachahmenswert erscheint – zu sehr kreist er um sich selbst und ist nicht fähig, eine gewisse Großzügigkeit oder Menschlichkeit walten zu lassen. Übrig bleibt ein mehr oder weniger leeres Ich.

Der Menschenfeind stellt damit grundsätzliche Fragen: Ist radikale Ehrlichkeit lebbar und überhaupt wünschenswert – oder eher ein theoretisches, destruktives Konstrukt? Wie viele Kompromisse sind nötig, um in einer Gesellschaft zu bestehen?

Trotz existenzieller Tiefe ist Der Menschenfeind eine Komödie. Das Tragische schlägt immer wieder ins Komische um, wenn etwa Alceste in seiner Rechthaberei der Eifersucht verfällt oder in Selbstgerechtigkeit versinkt – und den Außenblick auf sich selbst gänzlich verliert. Molière gelingt zudem das Kunststück, philosophische Reflexionen mit unterhaltsamen Szenen zu verbinden. Er macht uns lachen durch Überzeichnung, durch Entlarvung von Idealismus in einer fehlerhaften Welt.

Ursprünglich für die höfische Gesellschaft Ludwigs XIV. geschrieben, bleibt Der Menschenfeind bis heute relevant. Themen wie gesellschaftliche Anpassung, die Masken des Alltags, der Wunsch nach Authentizität und die Angst vor Ausgrenzung sind universell. In Zeiten von Social Media, Selbstoptimierung, Lüge und öffentlicher Inszenierung hat Molières Stück eine verblüffende Aktualität.

Die Regisseurin Jette Steckel – bekannt für ihre bildstarken und emotional dichten Inszenierungen – bringt Molières Stück mit zeitgenössischem Blick auf die Bühne. Steckel, vielfach ausgezeichnet (unter anderem mit dem Theaterpreis Hamburg – Rolf Mares, einer Einladung zum Berliner Theatertreffen und dem Theaterpreis Der Faust), ist dem Thalia Theater bereits lange verbunden und wird mit dem dortigen Ensemble die Reise durch den Molière’schen Kosmos unternehmen.

Sonja Anders, Nora Khuon

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4. Dezember 2025
Der Menschenfeind | Salzburger Festspiele – Statement Jette Steckel

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