Für ihre Klangerforschung wurde Francesca Verunelli (* 1979), die eine neue Reihe zeitgenössischer Komponist·innenporträts bei den Salzburger Festspielen eröffnet, mit bedeutenden Preisen ausgezeichnet, darunter der Silberne Löwe der Biennale di Venezia Musica 2010 und der Förderpreis Komposition der Ernst von Siemens Musikstiftung 2020. Nach dem Studium in Florenz und Rom sowie am Pariser IRCAM führten sie Residenzen nach Rom, Madrid und Marseille. Aus der intensiven künstlerischen Forschung zum Zusammenspiel von zeitgenössischer Kompositionspraxis, experimentellen Spielweisen und modernem Instrumentenbau entwickelte sich ihr philosophisch-theoretisches Interesse, inklusive Doktorat an der Université Paris Sciences et Lettres. Inzwischen unterrichtet sie an der Hochschule Luzern.
Francesca Verunelli erhielt zahlreiche Kompositionsaufträge, so etwa vom SWR Symphonieorchester, dem Klangforum Wien oder dem Orchestre Philharmonique de Radio France. Ihre erst kürzlich entstandene Komposition La nuda voce wurde 2025 bei den Donaueschinger Musiktagen und Wien Modern in zwei Teilen uraufgeführt. Die menschliche Stimme als ursprünglichstes Musikinstrument und deren Verhältnis zum Körper als Resonanzgeber sowie die Präsenz des Gesangs in der Abwesenheit der Stimme untersucht sie in weiteren Werken, darunter das Ensemblestück Five Songs (Kafka’s Sirens) (2018) und Songs and Voices (2023). In VicentinoOo (2024) experimentiert Verunelli – der unser gewohntes, gleichstufig temperiertes Stimmsystem schon immer suspekt war – mit auf Renaissance-Vorbildern basierender Mikrotonalität. In ihren Kompositionen spielen die Auseinandersetzung mit der zeitlichen Dauer des Klangs und die künstlerische Organisation dieser Temporalität eine zentrale Rolle. „Komponieren heißt“, so Verunelli, „Zeit zu schreiben. Musik ist die Schrift der Zeit.“
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