Man Ray, Mains d’Antonin Artaud, 1922, © Man Ray 2015 Trust / ADAGP — Bildrecht, Wien — 2019, Foto: Telimage, Paris
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Beethoven zum Jubiläum

Beethoven, der Titan: Diese traditionelle Sicht auf den Komponisten mag ein Klischee sein, das wir zu Recht beargwöhnen. Dennoch kommt der Mythos nicht von ungefähr. Viele seiner Werke sprengen alte Fesseln und überschreiten kühn althergebrachte Gattungsgrenzen: in der Neunten Symphonie zumal, mit ihrer die Menschheit umarmenden Utopie von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit im Zeichen der Freude, aber auch in der monumentalen Missa solemnis. „Von Herzen – Möge es wieder – zu Herzen gehen“ steht über dieser Partitur notiert, die in ihrem durchaus von Zweifeln durchzogenen Gotteslob stilistisch die ganze Musikgeschichte zusammenfasst. Die Schauspielmusik zu Egmont wiederum unterstützt Goethes Drama bereits mit den Mitteln eines modernen Kinosoundtracks. Zugleich fasziniert (gerade in der direkten Gegenüberstellung), wie Beethoven das von Mozart geprägte Klavierkonzert vom reisetauglichen Format zu imposanter Größe steigert und die Gattung mit bis dahin nicht gehörtem Prunk zur Vollendung führt. Auch mit der Violinsonate, speziell der Kreutzersonate, dringt Beethoven in unbekanntes Terrain vor. Den Kosmos des Streichquartetts schließlich durchmisst Beethoven in drei Schritten: Nach den anfänglichen, an Mozart und Haydn orientierten Stücken definiert er das Genre in der mittleren Schaffenszeit neu, etwa in jenen Werken, die dem Fürsten Rasumowsky gewidmet sind – und steigert das noch in den „un-erhörten“, lange Zeit gefürchteten Rätseln des Spätwerks mit der Großen Fuge als ultimativer Herausforderung.
Daneben gibt es aber auch einen anderen Beethoven: Das Septett ist ein früher, verspielter Erfolg mit Gassenhauer-Pep, die Frühlingssonate bezaubert mit melodischem Charme, das Violinkonzert erfindet er aus der lyrischen Gesangslinie heraus völlig neu und führt es zu epischer Breite. Und in den zumeist unterschätzten Liedern regieren oft ungeahnt innige Töne. Durch dieses Beethoven’sche Universum ziehen sich die Klaviersonaten und die monumentalen Diabelli-Variationen wie ein thematisches Rückgrat: als Experimentierfeld und musikalisches Tagebuch, intim und weltbewegend zugleich.

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