Andy Warhol, Girl Biting Finger, c. 1954, ink, graphite and tempera on paper (35.6 x 12.7 cm) Courtesy & © Photo: Daniel Blau, Salzburg, 2025 © The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Bildrecht Wien, 2025
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„Die Reise nach Hause ist immer eine Reise, aber nie eine wirkliche Heimkehr.“

Schweigen – Verbrechen, über die man nicht spricht. Die Nachwirkungen von Traumata zeigen sich oft erst nach Generationen. Kriege, Völkermord und Massaker an der Zivilbevölkerung geschehen ohne Unterlass. Die Welt verstummt angesichts des nächsten, noch schrecklicheren Verbrechens – und vergisst es wieder. Das Leben geht weiter – selten gibt es Strafen, was immer wieder neue Mörder auf den Plan ruft.

In seiner Theaterarbeit beschäftigt sich Krzysztof Warlikowski mit Fragen von Schuld und Verantwortung und setzt moderne Konflikte in Beziehung zu antiken Tragödien. Ausgehend von einem Text des mit dem Europäischen Dramatiker·innen-Preis ausgezeichneten Wajdi Mouawad, mit dem Warlikowski schon oft zusammengearbeitet hat, weitet er seinen Blick auf vererbte Traumata. Hier erfasst uns alle die Dunkelheit: Ohne Ausnahme sind wir in traumatische Ereignisse verstrickt, sei es auf Seiten der Opfer oder der Täter. Selbst wenn wir nicht direkt an den dramatischen Ereignissen beteiligt waren, lastet die Schuld doch wie ein Fluch auf uns und hinterlässt ihre Spuren.

Jedes zeitgenössische Massaker ist in eine urzeitliche Ordnung des Tötens eingebunden, die bis in mythische Zeiten zurückreicht. Es verweist auf die Gewalttaten der Götter – Akte der Vergewaltigung, aus dem Verlangen nach dem menschlichen Körper gespeist –, wovon diese Mythen erzählen. Stellen Sie sich nun das alte Europa vor – mal selbst im Blut watend, mal aus der Ferne beobachtend, wie weltweit Massaker geschehen. Können Sie sich dabei wirklich unschuldig fühlen? Und vergessen Sie nicht: Sie sind für Ihre Gefühle selbst verantwortlich.

Der polnische Regisseur Krzysztof Warlikowski ist bekannt für Inszenierungen, in denen er historisches Material mit zeitgenössischen Themen verwebt. In den vergangenen Jahren hat er bei den Salzburger Festspielen mehrfach als Opernregisseur für Aufsehen gesorgt. Jetzt gibt er sein Salzburger Debüt als Theaterregisseur und bringt Mouawads jüngstes Stück, Europa’s Pledge, mit dem Ensemble des Warschauer Nowy Teatr auf die Bühne, dessen Künstlerischer Leiter er seit 2008 ist.

Der 1968 im Libanon geborene Autor, Regisseur und Schauspieler Wajdi Mouawad leitet seit 2016 das Théâtre national La Colline in Paris. Er gilt als einer der weltweit renommiertesten Dramatiker. Seine Stücke beschäftigen sich mit dem kollektiven Erbe von Gewalt und Krieg, mit der Verdrängung von Geschichte, traumatischen Erfahrungen und der Suche nach Identität, oft vor dem Hintergrund seiner eigenen Biografie und der großen Mythen. „Meine Beziehung zur Tragödie reicht weit zurück“, sagt er. „Mein Wunsch, Theater zu machen, erwuchs aus der Tragödie, und die meisten meiner Stücke sind nach der Lektüre antiker Tragödien entstanden. Wollte man sich die großen Autoren – Shakespeare, Tschechow, Beckett – als Gärten vorstellen, so wäre Sophokles der Garten, in dem ich mich am wohlsten fühle. Ich kehre immer wieder zu ihm zurück. Meiner Meinung nach behandelt mein Stück sehr grundlegende Themen: die Beziehung zwischen extremer Gewalt und der Möglichkeit des Trostes; die Vorstellung, dass Worte ein Ort des Konflikts, aber auch der Heilung und Erkenntnis sein können.“

Ein achtjähriges Mädchen muss hilflos mitansehen, wie eine Bevölkerungsgruppe massakriert wird. Dieses Verbrechen wurde von ihrem eigenen Volk begangen, und ohne es zu wissen oder es zu verstehen, trägt sie eine Mitschuld. 75 Jahre später reißt eine Untersuchung die Wunden der Vergangenheit wieder auf. Zeug·innen werden gesucht, das Schweigen wird hinterfragt. Jetzt muss sie reden. Aber wie stellt man sich dem, was vor langer Zeit begraben wurde? Wie begegnet man einer Sache, die nie benannt wurde? Europa’s Pledge befasst sich mit der Erinnerung an ein Verbrechen, mit der Last des Schweigens und mit der Frage, wie Traumata über Generationen hinweg weitergegeben werden. Mit seinem neuen Stück, das im Sommer 2025 beim Epidaurus-Festival Premiere hatte, setzt Wajdi Mouawad seine Auseinandersetzung mit vererbter Gewalt und dem Theater als Ort der Aufarbeitung und Heilung fort.

Übersetzung: Eva Reisinger

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