Zum 150. Geburtstag von Max Reinhardt

Die zauberhafte Wirklichkeit des Theaters

Zum 150. Geburtstag von Max Reinhardt
(9. September 1873 — 31. Oktober 1943)

Im Herbst 2023 begeht die Theaterwelt den 150. Geburtstag und den 80. Todestag von Max Reinhardt, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein unglaubliches Theaterimperium geschaffen hat. Er wird als der erste moderne Regisseur bezeichnet, als Theatermagier verehrt und als Inbegriff eines Impresarios von internationaler Zugkraft beschrieben, dessen Wirken von Berlin und Wien über Salzburg bis in die Vereinigten Staaten ausstrahlte.

1920 gelang Reinhardt, kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, mit der Aufführung von Hofmannsthals Jedermann am Domplatz ein Geniestreich: Unter Mitwirkung der Besten seiner Ensembles und vor der imposanten Kulisse des Doms schuf er mit dem eindrücklichen „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ das Salzburger Traditionsstück und begründete damit zugleich die Salzburger Festspiele. Reinhardt, der am Salzburger Stadttheater seine Karriere als Schauspieler begonnen und 1918 Schloss Leopoldskron erworben hatte, war nicht nur ein visionärer Regisseur, sondern auch ein raffinierter Stratege, der den Festspielen internationale Strahlkraft verlieh und in Salzburg geschickt auch Übernahmen seiner Berliner und anderer Produktionen programmierte. Neben der Jedermann-Inszenierung und der Uraufführung von Hofmannsthals Mysterienspiel Das Salzburger große Welttheater darf wohl sein Faust (1933—1937) als eine genuin Salzburger Regiearbeit gelten, für die ihm Clemens Holzmeister eine ganze Stadt in die Felsenreitschule baute: ein Projekt, das Reinhardts Gespür „für das schlummernde theatralische Potenzial von Örtlichkeiten“ dokumentiert (Monika Mertl).

1937 geht Reinhardts Faust zum letzten Mal über die Bühne. Die dräuende Katastrophe ist bereits zu spüren. „Lüge frißt sich in alle Bindungen ein. Händedrücke sind vergiftet“, konstatiert Berta Zuckerkandl als Augen- und Ohrenzeugin von Reinhardts letztem Salzburger Sommer und der antisemitischen Stimmung, „manch listiger Blick schätzt bereits die Verlassenschaft eines zu Vertreibenden, zu Beraubenden ein.“ Im Herbst 1937 bricht Reinhardt nach Hollywood auf. Im März 1938 wird Österreich unter großem Jubel der hiesigen Bevölkerung Nazideutschland angeschlossen. Reinhardt sollte nicht wieder aus dem amerikanischen Exil zurückkehren. Im Oktober 1943 verstirbt er verarmt und seiner künstlerischen Heimat beraubt in einem New Yorker Hotel.

Festspiel-Projekte anlässlich des Reinhardt-Jahres 2023

2023 begehen wir den 150. Geburtstag des Regisseurs und Festspielmitbegründers Max Reinhardt. Ausstellungen, eine virtuelle Rekreation der Faust-Stadt und ein Symposium in Leopoldskron fokussieren auf dessen letzte Salzburger Inszenierung: Goethes Faust (1933–1937) – und damit auch auf die historischen Zäsuren 1933 und 1937/38.

Mit Unterstützung der acm (austrian capital management GmbH)

Villa Weizner

DAS NEUE FESTSPIELARCHIV — EIN ERINNERUNGSORT DES FLÜCHTIGEN

Zuletzt präsentierten sich die Schätze aus dem Festspielarchiv bei der Landesausstellung zum 100-Jahr-Jubiläum in ihrer ganzen Pracht und dokumentierten einmal mehr, wie wichtig es ist, Geschichte immer wieder neu zu befragen und zu erzählen.

Im Zuge der Vorbereitungen der Generalsanierung der Festspielhäuser übersiedelt das Festspielarchiv — eines der umfangreichsten erhaltenen Theaterarchive Österreichs — im kommenden Herbst in die ehemalige Villa Weizner in der Riedenburg (Neutorstraße 25) und erfährt anlässlich des Reinhardt-Jahres 2023 am neuen Ort auch eine Neupositionierung: mit einer kleinen permanenten Schau, barrierefreier Zugänglichkeit, vermehrter Vermittlungsarbeit und kuratierten sowie wissenschaftlichen Projekten, die die zahlreichen im Archiv vorhandenen Sammlungen und Potenziale sichtbar und besser nutzbar machen und schon im Sommer 2023 vor den Vorhang treten.

Tag der offenen Tür · Herbst 2023 · Das detaillierte Programm und die genauen Daten
werden im Frühjahr 2023 bekannt gegeben.

Schloss Leopoldskron

SYMPOSIUM

In Zusammenarbeit mit dem Theatermuseum Wien, der Wienbibliothek im Rathaus, dem Hollitzer Verlag und dem Salzburg Global Seminar

Da in den vergangenen Jahren (2020/21) zum 100-Jahr-Jubiläum der Salzburger Festspiele das Wirken Max Reinhardts in der Frühzeit der Salzburger Festspiele umfangreich dargestellt wurde, fokussieren wir 2023 auf dessen letzte Salzburger Inszenierung: Goethes Faust (1933—1937) — und damit auch auf die historische Zäsur 1937/38.

Analog zum Jedermann-Regiebuch starten wir die Edition einer kommentierten Faksimile-Ausgabe von Reinhardts Faust-Regiebuch in Kooperation mit dem Hollitzer Verlag und dem Theatermuseum Wien. Ein wissenschaftliches Symposium begleitet die Editionsarbeit, beleuchtet das weltweite künstlerische Netzwerk Max Reinhardts und erörtert die Relevanz des wohl bedeutendsten Dramas deutscher Sprache — Faust — in Lehre und Forschung heute.

MI 24. Mai · DO 25. Mai 2023 · Schloss Leopoldskron · Mit Vorträgen von Pia Janke, Konrad Paul Liessmann, Gabriela Paule, Peter W. Marx, Ursula Kramer, Katrin Henzel, Marcel Atze u.a. · Die Details finden Sie im Anschluss.
Anmeldung unter archiv@salzburgfestival.at

Karl-Böhm-Saal, Stefan Zweig Zentrum — Edmundsburg, Schloss Leopoldskron

ANNÄHERUNGEN AN FAUST

Dreiteilige Ausstellung zu Max Reinhardts Salzburger Faust-Inszenierung (1933—1937)

In Zusammenarbeit mit dem Theatermuseum Wien, der Wienbibliothek im Rathaus, dem Stefan Zweig Zentrum Salzburg und dem Salzburg Global Seminar
In Kooperation mit zwei der wichtigsten Reinhardt-Nachlassverwalter — dem Theatermuseum in Wien und der Wienbibliothek — zeichnen wir Max Reinhardts letzte Salzburger Inszenierung nach: In Probennotizen, Modellen, Skizzen, Plänen, Fotos und Erinnerungsstücken treten Reinhardt als Regisseur, Clemens Holzmeister als Bühnenbildner und das grandiose Schauspielteam um Paula Wessely und Ewald Balser vor das geistige Auge. In verschiedenen Korrespondenzen werden Fragen zu Regie und Bühnenbild behandelt — und wird auf die offensichtlich versuchte nationalsozialistische Einflussnahme auf die Inszenierung verwiesen.

Mit dem Salzburger Faust erfolgte auch eine zaghafte Annäherung zwischen Max Reinhardt und Stefan Zweig. Auf der Edmundsburg wird das schwierige Verhältnis der beiden Salzburger Intellektuellen beleuchtet; und auf Schloss Leopoldskron beschwören Max Reinhardts und Helene Thimigs Briefautographe die „schönsten, reichsten und reifsten Jahre“ aus dem amerikanischen Exil.

Juli bis Oktober 2023 · Karl-Böhm-Saal, Stefan Zweig Zentrum — Edmundsburg, Schloss Leopoldskron · Die Details finden Sie im Anschluss.

Details:

Karl-Böhm-Saal · „Die Bühne als Stadt“

  • 19. Juli bis 31. Oktober 2023

Die Ausstellung im Karl-Böhm-Saal macht Architektur und Ausstattung der Faust-Inszenierung anhand des Bühnenmodells, von Skizzen, Plänen, Fotos, Zeitungsartikeln und Erinnerungsstücken erlebbar.

Die Ausstellung ist für Festspielgäste ab dem 19. Juli jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn und in den Pausen der Vorstellungen im Haus für Mozart sowie in der Felsenreitschule zu besichtigen. Sie ist auch Teil der performativen Führung Faust 2023 (siehe unten).

Stefan Zweig Zentrum – Edmundsburg · „Stefan Zweig und Max Reinhardts Faust im Kontext“

  • 19. Juli bis 31. Oktober 2023

Die Ausstellung in der Edmundsburg ergründet einerseits Stefan Zweigs Verhältnis zu den Festspielen und zu deren Mitbegründer Max Reinhardt, andererseits stellt sie Reinhardts Faust-Inszenierung in den zeitgeschichtlichen Kontext einer versuchten nationalsozialistischen Einflussnahme und der Bemühungen der Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur um die kulturelle Selbstständigkeit Österreichs.

  1. Juli bis 31. August · MO–FR 10:00–18:00 Uhr
  2. September bis 31. Oktober · MO–FR 14:00–17:00 Uhr

Eintritt: Erwachsene € 5,00 / ermäßigt € 2,50

Schloss Leopoldskron · „Bitte, geben Sie keine Ruhe!“

Auf Schloss Leopoldskron wird Reinhardts Faust anhand von autographen Zeugnissen, wie etwa dem Faust-Regiebuch, Probennotizen und Briefen, erfahrbar.

Im Rahmen des Festes zur Festspieleröffnung am 22. und 23. Juli werden die Ausstellungen in speziellen Kurator·innenführungen zu sehen sein.

8., 9., 16., 17., 23. und 24. August · jeweils 13:00–17:30 Uhr

Führungen am 16., 17. und 24. August · jeweils 16:00 und 17:00 Uhr

Anmeldung unter events@SchlossLeopoldskron.com

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Schloss Leopoldskron

EIN FEST FÜR MAX REINHARDT

In Zusammenarbeit mit dem Salzburg Global Seminar

Im Rahmen des Festes zur Festspieleröffnung wird Schloss Leopoldskron seine Pforten für die Salzburger Bevölkerung und alle Gäste öffnen, und wir laden zu einem Fest für Max Reinhardt. In Lesungen, Filmvorführungen, einem Platzkonzert am Weiher u.v.m. werden die sinnliche Atmosphäre des Ortes und der Geist des ehemaligen Schlossherrn spürbar.

22./23. Juli 2023 · Schloss Leopoldskron · Das detaillierte Programm wird im Frühjahr 2023 bekannt gegeben.

Karl-Böhm-Saal · Felsenreitschule

FAUST 2023

Eine performative Führung

In Kooperation mit dem Ars Electronica Futurelab und dem Ars Electronica Festival

Erzbischof Johann Ernst Thun ließ vor 330 Jahren die markanten 96 dreigeschossig übereinander gelagerten Arkaden nach Plänen des Barockbaumeisters Johann Bernhard Fischer von Erlach in den Mönchsberg hauen, um ein Auditorium für seine Reitvorführungen und Tierkämpfe zu schaffen.
Max Reinhardt erschloss diesen besonderen Raum für das Theater und für die Salzburger Festspiele.
Im Sommer 1933 realisierte er dort seine gefeierte Faust-Inszenierung, für die ihm der Architekt und Bühnenbildner Clemens Holzmeister die berühmte Faust-Stadt in die Felsenreitschule baute, die als Simultanbühne eine magische Wirkung entfaltete.
In einer virtuellen Rekreation der Faust-Stadt und einer vielperspektivischen Führung lassen wir dieses singuläre Bühnenbild und Reinhardts Faust-Inszenierung wiederauferstehen. Erzählte Geschichte, Fotografien, Bühnenelemente, Requisiten, Filmschnipsel und VR-Elemente werden zu essenziellen Handlungsträgern. Vom Ars Electronica Futurelab kommt die Umsetzung der Virtual-Reality-Applikation: Die Besucher*innen erkunden das berühmte Bühnenbild dank 3D-Brillen aus ganz neuen Blickwinkeln und können einzelne Bereiche im Detail betrachten. So entsteht eine immersive Erfahrung, die die Faust-Stadt zu neuem Leben erweckt.

August 2023 · Oktober 2023 bis Frühjahr 2024 · Karl-Böhm-Saal · Felsenreitschule
Details: 25. (Previews) und 31. August sowie 8., 9., 26. und 27. September 2023 (weitere Termine werden nach Maßgabe bekannt gegeben)

Wenn Sie sich im Zeitraum vom 6. bis 10. September in Linz aufhalten, sind Sie beim Ars Electronica Futurelab zum Mitmachen eingeladen.

Hier können Sie im kostenlosen Open Futurelab beim Ars Electronica Festival 2023 Technologie als soziales Instrument neu erleben. Neben vielen spannenden Erlebnissen ist auch die Veranstaltung FAUST 2023 im Deep Space 8K des Ars Electronica Center zu sehen.

Im Herbst 2023 feiert die Theaterwelt einen der bekanntesten deutschsprachigen Theatermacher des 20. Jahrhunderts, Max Reinhardt. Die Salzburger Festspiele erinnern an den Theaterzauberer, indem sie eines seiner bekanntesten Projekte nachstellen: die gefeierte Inszenierung von Goethes „Faust“ (1933-1937) in der berühmten Felsenreitschule in Salzburg mit „FAUST 2023 – Eine performative Führung“. Die Salzburger Festspiele entwarfen eine einzigartige Dramaturgie, während das Ars Electronica Futurelab die Virtual-Reality-Anwendung Faust VR entwickelte: ein einzigartiges Erlebnis dank einer aufwendigen digitalen Rekonstruktion des berühmten Bühnenbilds.

Mehr zum Projekt: https://ars.electronica.art/futurelab/de/projects-faust-vr/

Mehr zum Ars Electronica Festival 2023: https://ars.electronica.art/futurelab/de/open-futurelab-2023/