Der Traum von einem Feentempel

Über das Projekt

Künstlerische Interventionen zu nie gebauten Festspielhäusern

Von den zahlreichen in den vergangenen 130 Jahren angedachten Bauvorhaben für ein Festspielhaus machten die Salzburger Festspiele anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums vier nicht gebaute Architekturprojekte durch künstlerische Interventionen ab Juli 2020 im öffentlichen Raum sichtbar und erlebbar. Drei der Kunstprojekte sind noch bis Ende August 2021 zu erkunden: Am Mönchsberg schuf Esther Stocker eine Dreiteilige Knitterskulptur, am Kapuzinerberg zeigt Werner Feiersinger seine Installation Tafel, 2019/20, und für den Mirabellgarten kreierte Isa Rosenberger einen Portalrahmen. Sie alle dokumentieren, wie sich die Festspielhäuser in die Stadt- beziehungsweise Naturlandschaft eingeschrieben hätten. (Konzeption: Norbert Mayr)

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19. August 2020
Der Traum von einem Feentempel 2020 Teaser
Ort

Mönchsberg, Kapuzinerberg, Mirabellgarten

Laufzeit

bis Ende August 2021

ein oder zwei unsichtbare Zeilen damit alles auf eine höhe ist

Auf Mapsansehen
Leporello mit Karte
Isa Rosenberger

Portalrahmen für den Mirabellgarten, 2019/20

Der Entwurf für die künstlerische Intervention am Rosenhügel im Mirabellgarten greift Clemens Holzmeisters Überlegungen zu einer Einheit von Bühne und Zuschauerraum und zur Überwindung der Grenze zwischen Natur und Architektur auf. Ausgangspunkt für den Entwurf sind die drei großen Portale der Hinterbühne in Holzmeisters Entwurf für das Festspielhaus im Mirabellgarten (1950):

Wünscht man „einen fast unmessbar großen Bühnenraum, so öffnet man die drei Portale der Hinterbühne und betritt eine Theaterfläche – wie sie nur die Medici in den Boboligärten zu Florenz besessen haben!“ Diese Fläche, hinter der sich der Garten entfaltet, bietet „Möglichkeiten, die geradezu unerschöpflich sind. Über dem Ganzen schwebt die Hohensalzburg.“ (Joseph Gregor über Clemens Holzmeisters Projekt)

Die Umrisse dieser drei großen Portale der Hinterbühne werden abstrahiert als Portalrahmen aus gold lackiertem Stahl im Mirabellgarten markiert: Der Blick über den Mirabellgarten und auf die Festung Hohensalzburg wird so – den Entwurf Holzmeisters zitierend – „gerahmt“ und die Stadt selbst zur (Freilicht-)Bühne. Die BesucherInnen des Mirabellgartens werden damit selbst zu AkteurInnen des „Welttheaters“ und die Stadt zur „Raumbühne“.

Ziel ist es, möglichst die Originaldimension der drei großen Portale der Hinterbühne mit dem Stahlrahmen darzustellen: ca. 7,5 m Höhe (ab Bodenniveau) und ca. 19,5 m Gesamtbreite.
Dieser „Portalrahmen“ wird außerdem mit einem „Hörspiel“ kombiniert, das als Audiodatei auf der Website der Salzburger Festspiele zugänglich gemacht wird und abgerufen werden kann. Das Hörspiel (ca. 3 bis 5 Minuten) beginnt mit der von Holzmeister als „tragikomisch“ bezeichneten Grundsteinlegung für das Festspielhaus im Mirabellgarten. Im weiteren Verlauf „sprechen“ die drei Portale in einem fiktiven Dialog über unterschiedliche Blickrichtungen und Perspektiven in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Festspiele und der „Raumbühne“ Stadt. Der Text des Hörspiels basiert auf Originalzitaten von Clemens Holzmeister und auf Interviews mit ExpertInnen der Architekturgeschichte und (Zeit-)Geschichte der Stadt sowie der Festspiele.

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Mirabellgarten

Feentempel Mirabellgarten Isa Rosenberger
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25. August 2020
Portalrahmen für den Mirabellgarten, 2019/20

Hörspiel

29. Juli 2020
Hörspiel Isa Rosenberger 2020

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  • Hörspiel Isa Rosenberger 2020
    29. Juli 2020.
Esther Stocker

Dreiteilige Knitterskulptur für den Mönchsberg, 2019/20

Das Kunstwerk für den Standort Festspielhaus am Mönchsberg ist eine dreiteilige Skulptur, die zerknitterte bzw. zerknüllte Blätter zeigt. Diese Blätter zitieren originale Auszüge aus der Schrift Das Mozart-Festspielhaus in Salzburg, erschienen 1890 im Selbstverlag des Actions-Comites, und zeigen den ursprünglichen Entwurf des 1890 von Fellner & Helmer geplanten Festspielhauses. Dieses Festspielhaus gilt als eine erste Vision, der eine Reihe weiterer Festspielhauspläne folgen sollte.

In einer sehr unmittelbaren Weise wird vermittelt, wie große Ideen entstehen – und auch wieder verworfen werden. Die Gesamtskulptur spielt mit dem Entwurf und ist mit dem Ort eng verwoben. Die Naturumgebung steht dabei in direktem Kontrast zur Kulturidee und bildet somit eine „Bühne“ für die Intervention.

Die drei Skulpturen stehen für die Beschreibung eines Kulturprozesses aus der Vergangenheit, eines Prozesses, der allerdings nicht abgeschlossen wurde. Sie sind auch als Sichtbarmachung der Manifestation und Verwerfung von Ideen zu lesen und wie deren zufälliges Wiederauftauchen einen Nachhall bildet.

Ein Zitat aus der Schrift des Actions-Comites über das Mozart-Festspielhaus, das darin auch als „Kunsttempel“ bezeichnet wird, lautet etwa: „Es soll ein Magnet für Kunstfreunde der ganzen gebildeten Welt und in seiner Anlage eine Specialität ersten Ranges werden. Und international, wie der Name Mozarts, soll auch die Bedeutung desselben sein.“
Das Interesse der Menschen für die Idee der Festspielhaus-Vision am Mönchsberg soll im Vorbeigehen geweckt werden. Eine verworfene Idee wird zum Kunstobjekt, die dreiteilige Skulptur transformiert die Vision in das Festspiel-Jubiläumsjahr 2020.

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Mönchsberg

Esther Stocker
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Mönchsberg
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19. August 2020
Dreiteilige Knitterskulptur für den Mönchsberg
Werner Feiersinger

Tafel, 2019/20, Eine Intervention für den Kapuzinerberg

Ausgangspunkt der Intervention ist das Gipsmodell für ein Festspielhaus von Architekt Otto Reitter aus der Sammlung des Salzburg Museum, das den vorletzten Projektstand 1942 zeigt. Adolf Hitler hatte 1942 bei der projektierten Gauanlage auf dem Salzburger Kapuzinerberg entschieden, dass eine neue Lage für das Festspielhaus zu erarbeiten sei. So sollte dieses seinen Platz gegenüber dem von Architekt Otto Strohmayr entworfenen Gauhaus auf dem südöstlichen Abschluss des massiven Verbauungskomplexes bekommen. Otto Reitter richtete die Gebäudeachse auf die Festung Hohensalzburg aus, um damit die Präsenz der NS-Diktatur im Stadtbild zu erhöhen.

Der künstlerische Eingriff von Werner Feiersinger auf einer kleinen Lichtung im Buchenwald des Kapuzinerbergs ist einprägsam und gleichzeitig sehr reduziert. Ein Modell auf Basis des historischen Gipsmodells von 1942, jedoch etwas vergrößert, in Bronze gegossen und weiß beschichtet, wird auf einer ca. 2 x 6 Meter großen, vom Boden abgehobenen Fläche aus weiß lackiertem Stahlblech präsentiert. So entsteht eine bühnenartige Situation.

Die museale „Ausstellung“ wird in die Natur verlagert, die Proportionen werden verschoben und das Waldstück bildet einen maximalen Gegensatz zum artifiziellen und minimalistischen Objekt.

Es findet dabei eine Umkehrung statt: Das Festspielhaus-Modell ist in Relation zum Raum des Tisches sehr klein. Damit wird die beabsichtigte, monumentale Konzeption von Otto Reitter, der als Geste der Machtdemonstration einen überdimensionalen Baukörper in die Landschaft des Kapuzinerberges setzen wollte, ins Gegenteil verkehrt.

Der Abguss des Festspielhausmodells, isoliert als Miniatur am Rand der großen Tafel positioniert, thematisiert so den Größenwahn des NS-Regimes und zeigt den Gegenwartsbezug dieser Fragestellungen auf.

Die Intervention soll die Besucherinnen und Besucher überraschen und die Neugier wecken, sich auf die Geschichte des Ortes einzulassen. Das Objekt ermöglicht verschiedene Zugänge und lässt vielfältige Aneignungen und Interpretationen zu. Unweigerlich stellt man sich selbst in Relation dazu und tritt in diese artifizielle Situation ein.

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Kapuzinerberg

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Marco Riebler
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20. August 2020
Tafel, 2019/20, Eine Intervention für den Kapuzinerberg