© SF / Marco Borrelli
PFINGSTFESTSPIELE 2021

‘What passion cannot music raise’

Im vergangenen Sommer gewährte Cecilia Bartoli mit den enthusiastischen Musiciens du Prince-Monaco unter der Leitung von Gianluca Capuano mit der Arie des Piacere „Lascia la spina, cogli la rosa“ aus dem Oratorium Il trionfo del Tempo e del Disinganno bereits einen Einblick in die diesjährige szenische Pfingst-Produktion: In diesem Konzert der Serie „Canto lirico“ begeisterte sie mit einem „brillanten Barockspektakel“ (Salzburger Nachrichten) das Publikum. „Das war ein berührender Moment, als das Publikum ab einem bestimmten Punkt tatsächlich die Masken und das Virus vergessen hatte. Es war ein heiliger Moment. Wir waren gemeinsam da, wir genossen es, gemeinsam Musik zu machen, gemeinsam der Musik zuzuhören, gemeinsam zu weinen und zu lächeln“, schilderte Cecilia Bartoli ihre Empfindung an dem Festspielabend, als sie nach Monaten endlich wieder live auf der Bühne singen konnte.

Nachdem aufgrund von Quarantänebestimmungen das geistliche Konzert des Monteverdi Choir und der English Baroque Soloists unter der Leitung von Sir John Eliot Gardiner bei den Salzburger Pfingstfestspielen 2021 abgesagt werden musste, erklärte sich Cecilia Bartoli bereit, als Ersatz das Konzert vom Sommer am Pfingstsonntag, 23. Mai, 11:00 Uhr im Haus für Mozart zu wiederholen. „What passion cannot music raise“, mit diesem Arien-Titel aus Händels Ode for St. Cecilia’s Day ist das Programm überschrieben – und gibt damit nicht nur einen Verweis auf die Kraft der Musik, sondern auch auf Cecilia Bartolis Thema der Pfingstfestspiele 2021, entstand doch die Händel’sche Ode zu Ehren der heiligen Cäcilia von Rom, die als Schutzpatronin der (Kirchen-)Musik gilt.

Nachdem Händel 1703 seine Heimatstadt Halle verlassen hatte, um sich der Oper zu widmen, erkannte er bald, dass ein Studium in Italien unumgänglich sei. Zwischen 1706 und 1710 hielt er sich deshalb in Italien auf. Den größten Teil seiner Studienzeit verbrachte er in Rom – und zwar unter der Schirmherrschaft einflussreicher Würdenträger und Adeliger –, wo allerdings Opernaufführungen untersagt waren. Also empfahl er sich für Kirchenmusik. „Händel hat in Rom nicht gelernt, katholisch zu komponieren. Anders herum wird vielleicht ein Schuh daraus: Die durch die katholische Religionsausübung beförderte Haltung des Extravertierten, weniger Argumentierenden als vielmehr Darstellenden, kam der in ihm angelegten, aber noch nicht vollständig ausformulierten künstlerischen Natur, seiner noch in statu nascendi befindlichen musikalischen Identität entgegen; sie lieferte ihm Anregungen und gleichsam die Rechtfertigung für das, was ohnehin seine musikalische Ideenwelt ausmachte, die Zuversicht, dass er auf dem richtigen Weg war, und das Erlebnis, mit dieser Musik Erfolg zu haben.“ (Silke Leopold)
Der Erfolg stellte sich sowohl alsbald in Rom, als auch später in seiner Hauptwirkungsstätte in London ein, wo er zum imposanten Impresario aufstieg und seine großen Opernwerke vorlegte, beginnend mit Rinaldo 1711 – und eben dort taucht auch die Melodie von „Lascia la spina“ in der Klage von Rinaldos Verlobter Almirena auf den Text „Lascia ch’io pianga“ erneut auf.

Kamen einerseits die „Musiker aus dem Norden in Scharen nach Italien, um dort Musik zu studieren und ihre erworbenen Fähigkeiten zu vervollkommnen“ (Silke Leopold), so suchten ihrerseits zahlreiche italienische Musiker im Norden vielversprechende Engagements – auch davon erzählt Cecilia Bartolis Arien-Auswahl. Als Händels Ariodante etwa brillierte der Kastrat Giovanni Carestini, Senesino als Giulio Cesare oder der Altkastrat Nicolini als Amadigi. – Ein Phänomen, das letztlich von Italien seinen Ausgang genommen hatte. „In den Jahrzehnten vor der Geburt der Oper waren Kastraten in Akademien und Konzertsälen zu hören, in den Palästen des Adels, der römischen Bischöfe und vor allem in der Cappella Sistina. Die Kirche war bis ins ausgehende 19. Jahrhundert der wichtigste Arbeitgeber der Kastraten.“ (Jürgen Kesting)

Somit spannt Cecilia Bartoli ihr beziehungsreiches Programm über die Welt der Kastraten und Georg Friedrich Händel, die bei den letzten Pfingstfestspielen 2019 im Blickpunkt standen, bis ins Jahr 2021, in dem sie ihrer Heimatstadt Rom huldigt.

Margarethe Lasinger

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